Der 136. bis 140. Verhandlungstag im Münchner „NSU“-Prozess

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JEZT - INSIDE NSU - Teaser

Zusammengestellt von Annett Szabo-Bohr:

04.09.2014 = Der 136. Verhandlungstag

Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beante Zschäpe waren bereits hoch kriminell, als sie im Januar 1998 in den „Nationalsozialistischen Untergrund“ abtauchten. Dies sagte ein Beamter der Thüringer Kriminalpolizei im „NSU“-Prozess am 136. Verhandlungstag aus. Der Polzist war erster zu vernehmender Zeuge nach der vierwöchigen Sommerpause der Hauptverhandlung. Als Leiter der Thüringer „Ermittlungsgruppe Terrorismus/Extremismus“ befasste er sich bis von 1996 bis 2002 auch mit Ermittlungen gegen das Trio.

Als Delikte aus der Zeit vor 1998 waren nach seinen Worten folgende rechtsextremistischen Taten auffällig: Im April 1996 wurde an einer Autobahnbrücke der A4 bei Jena ein Puppentorso, der eine Schlinge um den Hals trug und mit einem Davidstern und dem Wort „Jude“ bemalt war, entdeckt; verbunden mit dem Torso war eine Bombenattrappe. Das Jugendschöffengericht Jena verurteilte Uwe Böhnhardt wegen dieses Delikts und anderer Taten zu insgesamt dreieinhalb Jahren Haft; in der Revisionsverhandlung vor dem Landgericht Gera wurde der spätere Terrorist 1997 allerdings mangels Beweisen freigesprochen.

Weitere Straftaten des Trios Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe kamen es erst gar vor Gericht, wie der Beamte aussagte, darunter die zum Jahreswechsel 1996/1997  bei der Stadtverwaltung Jena, der Polizei und der Lokalredaktion der TLZ eingegangenen Briefbombenattrappen. In deren Begleitschreiben standen rechtsextreme Parolen und Drohungen. In den Attrappen befand sich jedoch nur Knetmasse, die offenbar Sprengstoff vortäuschen sollte, sowie Batterien und Kabel. Außerdem seien 1996 und 1997 in Jena drei weitere Bomben abgestellt worden, die auf das Konto des späteren „NSU“-Trios gingen, wie der Beamte aussagte. Alle drei waren mit der nationalsozialistischen Fahne in rot mit dem Hakenkreuz im weißen Kreis angemalt worden. In einer befanden sich zehn Gramm TNT und Schwarzpulver. Der Koffer, der eine Bombe enthielt, die vor dem Theaterhaus Jena abgestellt war, stammte nach Erinnerung des Beamten aus einem Geschäft, in dem Zschäpe Stammkundin gewesen sei.

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl zitierte anschließend aus einem Vermerk des Kriminalbeamte aus dem Jahre 1997, in dem dieser Mundlos und Böhnhardt als führende Figuren der rechten Szene in der Thüringer beschrieb, Mundlos Böhnhardt und Zschäpe seien „als Trio“ in der Neonazitruppe „Kameradschaft Jena“ aktiv. Als der Thüringer Verfassungsschutz bei einer Observation erkannte, dass Mundlos und Böhnhardt Brennspiritus in erheblicher Menge in eine von Beate Zschäpe angemietete Garage in Jena-Burgau brachten, entschloss sich die Polizei am 26. Januar 1998 zur Dursuchung der Garage, die Uwe Böhnhrdt öffnen sollte.

Bevor die Polizei dort mit der Durchsuchung beginnen konnte, setzte sich Böhnhardt unter den Augen der Beamten in seinen Wagen und fuhr weg. Direkt im Anschluss tauchte das Trio für fast 14 Jahre ab. In Zschäpes Garage stellten die Polizisten 1,4 Kilogramm TNT sicher, zum Teil in halbfertige Rohrbomben gefüllt.

05.09.2014 = Der 137. Verhandlungstag

Zwei Fragen bewegten die Prozessbeteilgten am 137. Tag, an dem u.a. ein Ermittler des Bundeskriminalamts, der einen der mutmaßlichen Waffenbeschaffer des „NSU“ vernommen hatte, befragt wurde. Dieser Waffenbeschaffer war mit Uwe Böhnhardt befreundet und hatte in einer früheren Vernehmung eingeräumt, mit einem mutmaßlichen Schweizer Waffenhändler befreundet zu sein. Er habe aber bestritten, etwas mit der „Ceska“-Pistole zu tun zu haben oder den Kontakt zu dem Schweizer vermittelt zu haben, so der BKA-Beamte. Der Beamte hielt die Einlassungen des mutmaßlichen Waffenbeschaffers für unglaubhaft und widersprüchlich, trotzdem bleibt die Herkunft der Tatwaffe, mit der neun von zehn „NSU“-Opfern erschossen wurden, weiterhin unklar.

Als Zeuge war auch Maik Em♦ng♦r, der Bruder des Mitangeklagten „NSU“-Unterstützers André Em♦ng♦r geladen. Dieser verweigerte allerdings die Aussage darüber, ob und wie er gemeinsam mit seinem Bruder eine Gruppe namens „Weiße Bruderschaft Erzgebirge“ gegründet und Kontakte zwischen unterschiedlichen Neonazi- und Skinheadgruppen geknüpft hat.

JEZT - RADIO LOTTE Mediathek zum NSU Prozess16.09.2014 = Der 138. Verhandlungstag

Die Mordpistole Ceska 83 stammt aus der Schweiz sowie wurde über mehrere Mittelsmänner an den „NSU“ geliefert. Hierzu, wie sie in der Schweiz gekauft sowie außer Landes geschmuggelt worden sein soll, wurden zwei Schweizer Kriminalbeamte als Zeugen gehört

Im Wesentlichen bestätigten sie, dass es zwei Schweizer Staatsbürger gewesen sein sollen, die bereits zuvor im „NSU“-Prozess als Zeugen geladen worden waren.

17.09.2014 = Der 139. Verhandlungstag

Am 139. Verhandlungstag trat erneut der Schweizer Kantonskrmininalbeamte Patrick R, in den Zeugenstand und beantwortete weitere Fragen zum Waffenschmuggel, durch den die Ceska 83 Mordwaffe später in die Hände des „NSU“ gelangte. R. hatte hierzu in den Jahren 2009 und 2012 die Schweizer Staatsbürger Peter-Anton G. und Hans-Ulrich M. als zeugen vernommen, welche die Pistole 1996 gekauft und an Mittelsmänner in Deutschland weitergegeben haben sollen.

18.09.2014 = Der 140. Verhandlungstag

Abgesehen von einem kurzen Stromausfall im Gerichtssaal in München, gab es wenig Aufregendes an Tag 140. Nochmals ging es in der Verhandlung vor dem OLG um die Ceska Pistole. Wie der Kollege von Patrick R. aussagte, habe der mutmaßliche Waffenbeschaffer in einer seiner Vernehmungen angegeben, jemanden in Jena gekannt zu haben. Später stellte sich heraus, dass dies ein Jugendfreund von Uwe Böhnhardt war. Der von ihm befragte Verdächtige bestritt aber vehement, jemals eine Ceska-Pistole nach Deutschland gebracht zu haben.

Außerdem ging es nochmals mittelbar um die „NSU“-Nagelbombe, die im Juni 2004 in der Kölner Keupstraße explodiert war. Exakt ein Jahr später wurde Ismail Yasar in seinem Imbiss in Nürnberg erschossen. Durch diese Auffälligkeit meldete sich der zuständige Kölner Ermittler bei einem Bayerischen Kriminalbeamten. Dieser wurde am 140. Prozesstag als zweiter Zeuge befragt. Er gab an, dass er und sein Kollege aus Nordrhein-Westfalen daraufhin Informationen ausgetauscht hätten. Der Kölner Beamte schickte ihm u.a. ein Überwachungsvideo, worauf die mutmaßlichen Täter zu sehen sind. Daraufhin sei eine Nürnberger Zeugin, die in Zusammenhang mit dem Mordfall Yasar zwei verdächtige Radfahrer gesehen hatte, sich „ziemlich sicher gewesen die Männer auf dem Video wiedererkannt zu haben“, wie der Zeuge aussagte.

Leider sei die Zusammenarbeit nicht weiter vertieft worden, so der bayerische Beamte, da die Ermittlungsgruppe Nürnberg bei der operativen Fallanalyse eine Vergleichbarkeit der Fälle ausgeschlossen habe. Es sei in diesem Zusammenhang von Vorgesetzten die Äußerung gefallen, man könne nicht „Äpfel mit Birnen“ vergleichen, sagte der Zeuge aus. – Ein fataler Irrtum, wie sich aber erst 2011 herausstellte.

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