„Desolate Lage in Gera“: Defizit im Haushalt um weitere 12 Mio. Euro gestiegen und damit wesentlich höher als bisher angenommen

12.02.15 • JEZT AKTUELL, START, UNSER JENA & DIE REGIONKeine Kommentare zu „Desolate Lage in Gera“: Defizit im Haushalt um weitere 12 Mio. Euro gestiegen und damit wesentlich höher als bisher angenommen

JEZT - OB Dr Viola Hahn und die Fachdienstleiterin Finanzen Marion Scheffel mit dem Geraer Haushaltentwurf 2015 - Foto © Rathaus Gera

OB Dr. Viola Hahn und die Fachdienstleiterin Finanzen Marion Scheffel präsentieren den Geraer Haushaltentwurf 2015 – Foto © Rathaus Gera

(JEZT / STADT GERA) – Der Geraer Stadtrat wird sich am 19. Februar 2015 in einer ersten Lesung mit dem Haushalt 2015 befassen. Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn und die Fachdienstleiterin Finanzen, Marion Scheffel, (Foto) stellten gestern die Eckdaten des Haushaltes vor, der inzwischen auch allen Mitgliedern des Stadtrates im Entwurf vorliegt. Demnach stehen 268 Millionen Euro Ausgaben und 247 Millionen Euro an Einnahmen zu Buche. Der Haushalt- und Finanzausschuss des Stadtrates wird sich am 16. Februar 2015 mit dem Haushalt beschäftigen.

Im Vergleich zum genehmigten Haushaltkonsolidierungskonzept, das für 2015 mit einem planmäßigen Defizit von noch 8,6 Millionen Euro gerechnet hat, ist die Haushaltlücke rund 150 % oder etwa zwölf Millionen Euro größer – und das trotz intensiver Verhandlungen mit allen Dezernaten und Fachdiensten. Im Rathaus wird allerdings dieses Defizit nicht verwaltet, vielmehr arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an möglichen weiteren Reduzierungen. Darauf hatte Oberbürgermeisterin Dr. Hahn die Fachdienstleiter zur jüngsten Beratung eingeschworen. Das Ergebnis: Im Zuge der jetzt laufenden vierten Abstimmungsrunde konnten weitere 1,8 Millionen Euro verwaltungsintern eingespart werden.

JEZT - Das Wappen der Otto-Dix-Stadt Gera in Thüringen

Größter Ausgabenposten mit 104 Millionen Euro sind die Sozialausgaben, die durch Bundes- und Landesgesetzgebung der Stadt vorgegeben sind. Regelsatzerhöhungen, die Steigerung der Kosten bei den Leistungserbringern durch insbesondere tarifliche Erhöhung und allgemeine Kostensteigerungen, die Einführung des flächendeckenden Mindestlohnes, erhöhte Selbstbehaltssätze bei Unterhaltspflichtigen und steigende Ausgaben für Asylbewerber führen zu Mehrausgaben. Teurer werden darüber hinaus beispielsweise auch Gebäudeversicherungen in Folge des Juni-Hochwassers 2013 – allein in dieser Position gibt es einen Aufwuchs in sechsstelliger Euro-Höhe.

Investitionen kann sich die Stadt nur in dem Maße leisten, wie sie selbst die Einnahmen für die notwendigen Eigenanteile aufbringt. Im Haushaltentwurf stehen der Campus Rutheneum für das Goethegymnasium am Johannisplatz, Beschaffungen für Computertechnik an den Schulen und für die Feuerwehr. 18,2 Millionen Euro sollen in den Wiederaufbau nach dem Juni-Hochwasser 2013 fließen. Diese Maßnahmen werden vollständig gefördert und bedürfen daher keiner Eigenmittel der Stadt. „Wir wollen diese Chance nutzen – können wir doch hier Investitionen in die Zukunft tätigen, die über den Haushalt in den nächsten neun Jahren nicht bewerkstelligt werden können. Damit ist es uns möglich, nachhaltig und zukunftssicher die kommunale Infrastruktur zu verbessern, ohne den Haushalt zu belasten. Das ist zugleich ein einmaliges Konjunkturprogramm, wie wir es seit der Bundesgartenschau in Gera nicht erlebt haben“, betont Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn die Chancen.

3,5 Millionen Euro sieht der Haushaltentwurf 2015 für den öffentlichen Personennahverkehr vor. Das sind zum einen 2,5 Millionen Euro Zuschuss für den Betrieb von Bussen und Bahnen. Zum anderen eine Million Euro „Sicherheitspolster“, falls beispielsweise in der Wiesestraße dringende Investitionen zur Aufrechterhaltung des ÖPNV getätigt werden müssen. „Wir schaffen hier also Vorsorge, damit diese wichtige Aufgabe auch künftig erfüllt werden kann“, betont die Oberbürgermeisterin.

Sorge bereitet die Rückzahlung von Krediten der Stadtwerke, für die die Stadt Gera 2009 mit Stadtratsbeschluss gebürgt hatte. Über den Querverbund der Stadtwerke AG sollten Verluste des Verkehrsbetriebes ausgeglichen werden. Das funktionierte allerdings nicht, sodass der Stadtrat eine Bürgschaft übernahm und diese 2009 mit einer sogenannten harten Patronatserklärung bekräftigen musste. Damit sollte wenigstens ein Teil der Gelder, die der Verkehrsbetrieb von den Stadtwerken forderte, ausgeglichen werden. Nunmehr stellten in der vergangenen Woche die Banken ihre Forderungen aus der Patronatserklärung 2009 fällig – und die Stadt soll rund 5,5 Millionen Euro zahlen. Diese Summe war bereits vorsorglich 2014 als Bedarfszuweisung der Stadt Gera gegenüber dem Land angemeldet worden. Momentan verhandelt die Stadt mit dem Land über entsprechende Bedarfszuweisungen bzw. Liquiditätshilfen. Die Ursache für die Situation liegt allerdings bereits in der Vergangenheit; der erhoffte Verlustausgleich, wonach gewinnbringende Stadtwerketöchter die von Haus aus verlustträchtigen stützen sollten, funktionierte nicht. Deutliches Indiz dafür ist die Patronatserklärung 2009, ohne die die Stadtwerke AG bereits vor sechs Jahren keine Kredite erhalten hätte, um den Verkehrsbetrieb zu stützen.

Mit der 1. Lesung zum Haushalt am 19. Februar 2015 im Stadtrat wird noch kein Beschluss verbunden sein. Vielmehr gehen die Plangespräche mit den Dezernaten und Fachdiensten der Verwaltung weiter. „Ich möchte vor allem eine breite öffentliche Diskussion über unseren Haushalt in Gang setzen – mit den Mitgliedern des Stadtrates, der AG Bürgerhaushalt und allen interessierten Menschen. Schließlich ist es das Geld der Steuerzahler, über das entschieden wird. Deshalb steht der Haushaltentwurf auf der Homepage unserer Stadt bereit, sodass interessierte Bürgerinnen und Bürger Position für Position nachvollziehen können. Und ich verspreche mir ebenso Anregungen aus den Fraktionen des Stadtrates und von der AG Bürgerhaushalt. Es ist mir wichtig, alle Menschen einzubeziehen, denen unsere Stadt am Herzen liegt“, betonte Oberbürgermeisterin Dr. Hahn.





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