Der 221. bis 224. Verhandlungstag im Münchner “NSU”-Prozess

25.08.15 • JEZT AKTUELL, STARTKeine Kommentare zu Der 221. bis 224. Verhandlungstag im Münchner “NSU”-Prozess

JEZT - Inside NSU - Symbolbild © MediaPool Jena 2015

Aus Pressemeldungen zusammengestellt von Annett Szabo-Bohr:

28.07.2015: Der 221. Verhandlungstag

Unter Tarnnamen wie „Ralph B#####“, „Andreas F######“ oder „Ringo K###“ tarnten sich die „NSU“-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund. Mehrere mutmaßliche Unterstützer, die den Rechtsextremen ihre Personalien zur Verfügung gestellt hatten, sagten in den vergangenen 220. Prozesstagen bereits als Zeugen aus, sind zum Teil deswegen selbst in eigenen Verfahren angeklagt.

Ein ganze Reihe von weiteren Scheinidentitäten untersuchte das Gericht am 221. Tag im Münchner „NSU“-Prozess. Dazu sagte u.a. eine Kommissarin des Bundeskriminalamts aus, die das Untergrund-Leben des „NSU“ im Rahmen der Ermittlungen untersucht hatte. Ein weiterer Zeuge war Sandro T., der Informationen zu einer Schulungsveranstaltung der NPD lieferte, an der im Januar 2000 die bekannte Rechtsextremistin Edda Schmidt teilnahm. Sie hatte dabei einen mysteriösen Hinweis zum Aufenthaltsort der Untergetauchten gemacht, denn sie sagte damals, den dreien gehe es gut und sie lebten unerkannt in Chemnitz. Schmidt selbst bestritt den Vorhalt in ihrer eigenen Vernehmung. Auch der Zeuge konnte sich nicht mehr erinnern, was Edda Schmidt seinerzeit genau gesagt hatte.

Was die Anzeige von Beate Zschäpe gegen ihre drei bisherigen Pflichtverteidiger anbetraf, so spielte dieser strafrechtliche Vorstoß der Hauptangeklagten im Verfahren an diesem Tag keine Rolle.

29.07.: Der 222. Verhandlungstag

Kurz vor Beginn des 222. Verhandlungstages im „NSU“-Prozess wurde bekannt gegeben, dass die Strafanzeige von Beate Zschäpe gegen ihre drei Anwälte von der Staatsanwaltschaft München I nicht weiterverfolgt wird. Dem leitenden Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch zufolge sei die Anzeige geprüft worden. Allerdings habe die Münchner Staatsanwaltschaft in dem angezeigten Sachverhalt keine strafbare Handlung erkennen können; der Vorwurf Zschäpes war die Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht durch Weitergabe von Internas an das Gericht. Aus diesem Grund sei auch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, so die Staatsanwaltschaft.

Am Vormittag war sagte zunächst ein Zeuge vom brandenburgischen Verfassungsschutz aus, der mit Perücke und Kapuze vor Gericht erschien um nicht erkannt zu werden. Der Zeuge gab Auskunft über seinen V-Mann „Piatto“, der während der Zeit den Untertauchens von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos die rechte Szene ausgespäht hatte. Seine Angaben rückten allerdings eher in den Hintergrund, da über die Maskierung des Verfassungsschutzbeamten und die Herausgabe von Unterlagen, die er mitgebracht hatte, hart gestritten wurde. Nach der Mittagspause befragte Manfred Götzl einen Kriminalhauptkommissar zu prozessrelevanten Asservaten. Der Zeuge berichtete über Telefondateien und Ausdrucke des „NSU“-Trios, die Adressen diverser Personen aus München, Nürnberg und Dortmund enthielten. In den systematisch angelegten Datensätzen fanden sich Daten zu Politikern, Waffengeschäften, jüdischen und islamischen Einrichtungen, Friedhöfen oder Kindergärten. Teilweise waren die Ausdrucke mit handschriftlichen und despektierlichen Vermerken versehen. Neben einer Adresse stand zum Beispiel „rote Sau“, wie sich der Zeuge erinnerte.

03.08. + 04.08.2015: Der 223. und 224. Verhandlungstag

Am 11. November 2011 hatte ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz umfangreiche Akten schreddern lassen – exakt eine Woche nach dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und unmittelbar nach dem Auffliegen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Verschiedene Anwälte der Nebenklage erklärten, die Vernichtung der Akten sei rechtswidrig gewesen, denn die Akten hätten Hinweise von V-Leuten enthalten, die nah an dem mutmaßlichen „NSU“-Trio und seinen mutmaßlichen Unterstützern eingesetzt waren. Die Schriftstücke wurden inzwischen teilweise rekonstruiert und könnten nach Ansicht der Nebenkläger wichtige Erkenntnisse zur Entstehung des „NSU“-Te0rrortrios enthalten. Über den Inhalt und ob sie in den laufenden Prozess mit einbezogen werden können, darüber soll der für die Schredder-Aktion verantwortliche Verfassungsschutzbeamte Auskunft geben, der als Zeuge geladen werden wird.

Das Gericht konnte sich deshalb mit diesem Antrag befassen, da der ursprünglich für den gesamten Verhandlungstag als Zeuge geladene Tom T. zum wiederholten Mal der Verhandlung fern blieb. Nachdem er einmal sogar ohne Entschuldigung gefehlt hatte, legte er dieses Mal dem Gericht ein ärztliches Attest vor, dessen Richtigkeit geprüft werde, wie der Vorsitzende Richter erklärte. T. war Sänger einer Rechtsrock-Band und verkehrte in der Jenaer Kameradschaftsszene. Er kannte Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.

Am letzten Verhandlungstag vor der Sommerpause, dem insgesamt 224.,  wurde ein 42-jähriger Polizeibeamter aus der Schweiz gehört. Der Zeuge war in die Ermittlungen zu der Ceska-Tatwaffe eingebunden, mit der neun von zehn Morden begangen wurden. Die Anklage geht davon aus, dass die Ceska in der Schweiz gekauft und dann über Mittelsmänner nach Jena geschleust wurde. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen damit ab dem Jahr 2000 neun Geschäftsleute mit türkischen oder griechischen Wurzeln ermordet haben.

Nach der Sommerpause erwartet das Gericht ab dem 02.09.2015 zahlreiche zusätzliche Beweisanträge der Prozessbeteiligten. Bislang wurden im „NSU“-Prozess rund 500 Zeugen und Sachverständige gehört. Die Beweisaufnahme zu den Tatkomplexen ist nahezu abgeschlossen.

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