Der 235. bis 239. Verhandlungstag im Münchner “NSU”-Prozess

30.10.15 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, STARTKeine Kommentare zu Der 235. bis 239. Verhandlungstag im Münchner “NSU”-Prozess

JEZT - Inside NSU - Symbolbild © MediaPool Jena 2015

Aus Pressemeldungen zusammengestellt von Annett Szabo-Bohr:

07.10. und 08.10.2015: Der 235. und 236. Verhandlungstag

Der 235. Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht München brachte einen weiteren Blick in die Entstehungsgeschichte des „NSU“. So sagte zum zweiten Mal der Zeuge Tom T. aus, der in den 1990er-Jahren Sänger einer Rechts-Rockband war und bereits bei seiner Vernehmung im September 2014 Uwe Mundlos als „von seiner Sache überzeugt und prinzipentreu“ beschrieben. Uwe Böhnhardt hingegen war von ihm als äußerst aggressiv dargestellt worden. Die nochmalige Vernehmung, in die auch T. Freundin miteinbezogen wurde, sollte weiter zutage fördern, wie sich der „NSU“ aus dem Umfeld der rechtsextremen Szene von Jena formte.

Eine Gruppe von Beweismitteln, die Ermittler im niedergebrannten Haus des „NSU“ in der Frühlingsstra0e 26 in Zwickau fanden, spielten an Prozesstag 236 eine große Rolle: Stadtpläne. Für etliche deutsche Städte hatte das Trio Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe Kartenmaterial besorgt und auf diesen Markierungen eingetragen. Es liegt nahe, dass die Terroristen hierauf lohnende Ziele für Anschläge und Banküberfälle markierten. Erstmals beschäftigte sich das Gericht somit systematisch mit der Planung des „NSU“, wozu insgesamt vier Ermittler als Zeugen geladen waren.

Diese gaben ihre Erkenntnisse preis, zu Stadtplänen von München (dort starben 2001 und 2005 Migranten durch Anschläge des „NSU“), Stuttgart, Nürnberg (wo der „NSU“  im September 2000, im Juni 2001 und im Juni 2005 Migranten ermordeten), Kiel, Dortmund (wo 2006 ein Kioskinhaber Opfer des „NSU“ wurde) und anderen Städten wie Altenburg, Arnstadt, Eisenach, Erfurt,  Erlangen, Fürth, Gotha, Göttingen, Greifswald, Hamburg, Rostock, Schwerin, Stralsund, Weimar und Wismar. Außerdem sagten sie über Ermittlungen zur Anmietung von Kraftfahrzeugen aus, die zeitnah zu „NSU“-Anschlägen stattfanden.

13.10. und 14.10.2015: Der 237. und 238.Verhandlungstag

Der 237. Prozesstag fing mit Anträgen und stundenlangen Unterbrechungen an. Erst am Nachmittag konnte man sich vor Gericht schließlich doch noch mit Inhalten befassen und zwar mit der Befragung eines Zeugen aus der extrem rechten Szene, der sich anfangs recht erinnerungsarm zeigte. Kontakte zu Angeklagten? Nein, da wäre ihm nichts bekannt, erklärte er. Doch eine Nebenklage-Anwältin brachte den dem Zeugen schließlich zu dem Eingeständnis, sich im Vorfeld mit den Verteidigern des Angeklagten Wohlleben getroffen zu haben, um sich, nach seinen Worten, mit ihnen angeblich und ausschließlich „über Kinder“ unterhalten zu haben. Dann fragte ein anderer Nebenkläger den Zeugen geradeheraus, ob er denn ein V-Mann des Verfassungsschutzes gewesen sei. Was folgte, war erst ein sehr langes Schweigen, dann die Aussage, dass er ohne Genehmigung dazu möglicherweise nicht Stellung nehmen könne.

In Sachen Sicherheit überließ das „NSU“-Trio nichts dem Zufall, was am 238. Tag des Münchner Prozesses ausgiebig von mehreren Zeugen des BKA dargelegt wurde. So hatte die letzte Wohnung der drei früheren Jenaer in der Zwickauer Frühlingsstraße mehrere Überwachungskameras. Vier Geräte dieser Art überwachten den Unterschlupf unter anderem vom Fenster aus als auch durch den Türspion. Aufzeichnungen der Kameras sind erhalten geblieben und wurden in Auszügen dem Gericht vorgeführt. Hierzu sagte ein Kommissar des Bundeskriminalamts aus, der die Überwachungsvideos ausgewertet hatte.

15.10.2015: Der 239. Verhandlungstag

Um Stadtpläne, die im Brandschutt der Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden worden waren, ging es nochmals am 239. Prozesstag vom dem OLG München. Auf einer Karte, die im Gerichtssaal an die Wand projiziert wurde, sah man mehrere Kreuze. Bei den Markierungen handelt es sich vor allem um türkische und muslimische Vereine. Es ist ein Stadtplan von München. Als Zeugen waren u.a. zwei Kriminalbeamte geladen, die das gefundene Kartenmaterial ausgewertet haben. Auf einer DVD fanden die Ermittler außerdem ein Adressenverzeichnis mit über 1.000 Einträgen. Darunter auch die Anschriften verschiedener Parteibüros. Auf einem Stadtplan von Nürnberg wurden diese beispielhaft für diese Stadt genauso markiert wie der Dönerstand des sechsten „NSU“-Mordopfers Ismail Yaşar; der Imbiss-Betreiber wurde im Juni 2005 erschossen. Die Handschriften der Notizen stammen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, sagte einer der Zeugen aus.

Auf Stadtplänen von Eisenach und Arnstadt fanden die Ermittler ebenfalls Markierungen. Hier wurden allerdings Geldinstitute eingezeichnet und die dazu passenden Grundrisse angefertigt. Die dem Gericht vorgeführten Unterlagen zeigen bis ins kleinste Detail genaue Pläne zweier Sparkassenfilialen. Beide sind auch tatsächlich überfallen worden und zwar im Oktober und November 2011 von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Von den Geldautomaten über die Büroräume bis hin zum Tresorraum war von ihnen alles fein säuberlich eingetragen worden.

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