„Zschäpe in der Antwortfalle“: Im „NSU“-Prozess muss die Hauptangeklagten über Weihnachten einen umfangreichen Fragenkatalog abarbeiten

23.12.15 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, START, UNSER JENAKeine Kommentare zu „Zschäpe in der Antwortfalle“: Im „NSU“-Prozess muss die Hauptangeklagten über Weihnachten einen umfangreichen Fragenkatalog abarbeiten

JEZT - Beate Zschaepe im Muenchner OLG - Foto © MediaPool Jena

Beate Zschäpe im Münchner OLG – Foto © MediaPool Jena

(JEZT / DER SPIEGEL) – Eine ruhige Weihnachtszeit wird Beate Zschäpe wohl nicht durchleben können. Schuld daran trägt die Hauptangeklagte im Münchner „NSU“-Prozess selbst, denn durch die über ihren Anwalt kolportierte Erklärung, sie sähe sich nicht in der Lage, Fragen des Gerichts mündlich zu beantworten, hat sie sich in keine gute Position manövriert. Manfred Götzl, der Vorsitzende Richter, übermittelte Zschäpe diese Woche einen Katalog von 55 Fragen – zudem nicht in schriftlicher Form, so wie es die neuen Zschäpe-Verteidiger gewünscht hatten, sondern er las den Katalog vor und Zschäpe-Anwalt Mathias Grasel musste alles mitschreiben – und diese knapp fünf Dutzend Fragen haben es in sich.

Wie das Hamburger Nachrichtenmagazin SPIEGEL mitteilt, seien hierbei nur die ersten Fragen des Gerichts als Routinefragen anzusehen und zwar z.B ob Beate Zschäpe auch vor 2006 schon viel Alkohol konsumiert habe und wie viel, wie oft und mit welcher Wirkung (Erklärung: in ihrer Aussage hatte die Hauptangeklagte vortragen lassen, sie habe während der Abwesenheit von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos etwa drei bis vier Flaschen Sekt täglich getrunken, „bis ich angetrunken war“. Damit habe sie, so Zschäpe, ihre Gefühle wegen der Taten ihrer Freunde – also zehn Morde, zwei Bombenanschläge und mehr als ein Dutzend Bank- und Sparkassenüberfälle – betäubt), ob sie Drogen nahm sowie Nachfragen zu ernsthaften Erkrankungen. Übliche Nachfragen in Strafprozessen also.

Darauf folgen jedoch Befragungen, deren ehrliche Antwort Beate Zschäpe nicht schwer fallen sollte, wenn sie denn ehrlich antworten will. Doch möchte sie das wirklich? Dann müsste Zschäpe dem Senat am Münchner Oberlandesgericht zum Beispiel berichten: Welche politische Einstellung hatten Böhnhardt und Mundlos? Wie standen die beiden Männer zu Waffen, wie zum Thema Gewaltanwendung? Oder ganz konkret vom Vorsitzenden Richter gefragt: „Wie war das Verhältnis unter Ihnen dreien? Wie war es zwischen Ihnen und Böhnhardt? Wie zwischen Ihnen und Mundlos? Wie standen die beiden Männer zueinander?“

JEZT - Überwachungsaufnahme aus dem Haus Fruehlingsstrasse 26 in Zwickau - Beate Zschaepe - Foto © BKA ARD Fakt

Diese Überwachungsaufnahme aus dem Haus Frühlingsstrasse 26 in Zwickau zeigt Beate Zschaepe – Foto © BKA ARD Fakt

Und es kommt noch heftiger: Götzl will von Zschäpe wissen „Wer war bei der Abholung jenes Wohnmobils am 25. Oktober 2011 dabei, in dem Böhnhardt und Mundlos später starben?“ (Erklärung: Nach der Aussage einer Mitarbeiterin des Autohauses war ein Kind mit anwesend), „Weshalb führte die erste Fahrt dieses Wohnmobils nach Leipzig und wer fuhr den Wagen? (Erklärung: Nach Recherchen der Nebenklage war das Ziel eben jenes Krankenhaus, in dem der wegen Unterstützung des „NSU“ mitangeklagte André Em#ng#r nach einem Arbeitsunfall in Behandlung war. Hiermit soll wohl die offenbar enge Verbindung zwischen Zschäpe und der Familie Em#ng#r nachgefragt werden).

Auch auf noch gnz andere Details muss Beate Zschäpe eingehen: „Wer hatte den Schlüssel zu jener Garage in Jena, die Zschäpe angemietet und dann Böhnhardt und Mundlos zur Verfügung gestellt hatte und in der Sprengstoff, Schwarzpulver, vier im Bau befindliche Rohrbomben, Adresslisten und jede Menge rechtsextremer Schriften übelster Art lagerten?“ oder „Wie nah stand Zschäpe zu Susann Em#ng#r, der Ehefrau André Em#ng#rs?“ aber auch „Weshalb war sich Zschäpe sofort sicher, dass es sich bei der „Antenne Thüringen“-Radionachricht von einem brennenden Wohnmobil in Eisenach um das von Böhnhardt und Mundlos handelte?

Worthülsen, die sich in der als Zachäpe-Aussage vor Gericht verlesenen Erklärung finden, fragt Götzl mit unverhohlenem Interesse nach: „Was meinen Sie mit …?“ „Welche Anhaltspunkte gibt es dafür, dass …?“ uns so weiter. Denn es ist für alle Prozessbeteiligten und die Öffentlichkeit natürlich von Interesse, wie sich das darstellte, dass – so die Zschäpe Aussage- sich Uwe Böhnhardt „niemals untergeordnet“ habe. Oder dass beide Uwes ihr Leben für „verkackt“ gehalten und aus „Perspektivlosigkeit, Gefängnis und insgesamt bestehender Frustration“ getötet haben sollen? Welche „Ausflüchte“ benutzten die beiden Männer auf Zschäpes angebliche Frage, warum sie nicht ein Waffengeschäft ausgeraubt hätten, wenn sie eine funktionstüchtige Waffen gewollt hätten … anstatt die Polizistin Kiesewetter zu töten und deren Kollegen Arnold schwer zu verletzen?

Schließlich: Was muss man sich vorstellen, wenn Zschäpe erklären lässt, die Uwes hätten ihr „in gewisser Weise“ misstraut? Welche Vorstellungen hatten die beiden Männer hinsichtlich einer Auswanderung nach Südafrika, nachdem sie von der Polizei gesucht wurden? Was wurde über Köln gesprochen, wo der Rohrbombenanschlag auf ein iranisches Geschäft in der Probsteigasse und der verheerende Nagelbombenanschlag in der Keupstraße stattgefunden hatten? – Und so weiter und so fort folgt Frage um Frage des Gerichts. Am 12. Januar 2016 wird der „NSU“-Prozess fortgesetzt., jedoch wann genau die Antworten zu erwarten sind, sei nach dem Bericht des SPIEGEL, noch offen.





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