Wonach suchen die US-Wähler und wer wählt eigentlich Donald Trump? – Eine Analyse von Iris Froeba

16.03.16 • JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, STARTKeine Kommentare zu Wonach suchen die US-Wähler und wer wählt eigentlich Donald Trump? – Eine Analyse von Iris Froeba

Donald Trump - CC BY-SA 2.0 Michael Vadon - Flickr- bearbeitet Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Foto © CC BY-SA 2.0 Michael Vadon / Flickr / bearbeitet

Donald Trump ist der Lautsprecher und Polarisator im derzeitigen amerikanischen Vorwahlkampf. Er überrascht mit seinen Erfolgen sowohl Kritiker als auch Unterstützer. Als er im Sommer 2015 seine Kandidatur bekannt gab, rechnete wohl niemand damit, dass er zehn Monate später das Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber anführen würde. „Wonach suchen die US-Wähler und wer wählt eigentlich Donald Trump?“

Nach dem zweiten sog. „Super Tuesday“ des amerikanischen Vorwahlkampfs, bei dem Trump erneut die Delegierten wichtiger Bundesstaaten für sich gewinnen konnte, gibt es hier eine Analyse von Iris Froeba, Policy Analyst „Transatlantisches Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ mit Sitz in Washington, D.C.:

Er ist bekannt für seine kuriosen Auftritte und seine xenophoben, sexistischen und politisch nicht korrekten Aussagen. In Deutschland stößt die Begeisterung für Trump weitgehend auf Unverständnis, doch auch in den USA hat der Immobilienmogul viele Kritiker. Demonstranten unterbrechen seine Wahlkampfauftritte und seine Kontrahenten wettern immer stärker gegen ihn. Ging man zu Beginn der Vorwahlen noch davon aus, dass Trump hauptsächlich von uninformierten Wählern unterstützt wird, die sich in den Sog der massenmedialen Berichterstattung hineinziehen lassen, so wurde schnell klar, dass Trump eben keine Modeerscheinung, sondern ein ernst zu nehmender Kandidat ist, der im Vorwahlkampf mit Leichtigkeit an seinen Konkurrenten vorbeizuziehen scheint. Wer genau steckt also hinter den 36%, die sich Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei wünschen? Kein traditioneller Republikaner

Friedrich-Naumann-Stiftung - Logo © MediaPool JenaDie Struktur von Trumps Wählerschaft bricht mit allem, was man von republikanischen Vorwahlkämpfen gewohnt ist. In Vergangenheit sammelten republikanische Kandidaten Stimmen mit dem Appell an ideologische und religiöse Werte. Bestimmte Kandidaten kamen besser bei konservativen, gläubigen Wählern an, andere erhielten Zuspruch von eher moderaten Wählern. Gerade im Vorwahlkampf galt eine klare Positionierung als entscheidend, um sich von den restlichen Kandidaten abzuheben. Doch Trump ist kein traditioneller Republikaner und bricht daher mit den gewohnten Mustern. Er führt keinen ideologischen Kampf, indem er nur einzelne Wählergruppen anspricht, sondern versucht, die gesamte Wählerschaft zu erreichen. Und das scheint ihm auch zu gelingen. Trumps Wähler sind sowohl konservativ als auch moderat, sowohl streng gläubig als auch nicht gläubig, sowohl männlich als auch weiblich und sowohl jung als auch alt.

Inzwischen haben sich aber Wählergruppen herauskristallisiert, bei denen Trump besonders erfolgreich abschneidet. So bekommt er insbesondere Zuspruch von Wählern, die keinen Hochschulabschluss haben. Beim Super Tuesday hat Trump diese Wählergruppe in fast allen Bundesstaaten gewonnen. Aktuelle Studien zeigen, dass die Beschäftigungsquote von Männern ohne Hochschulabschluss in den letzten zwanzig Jahren um fast zehn Prozent gesunken ist, was zu viel Frustration in dieser Wählergruppe führt. Auch bei den einfachen Industriearbeitern – der so genannten Blue Collar Workforce, bei denen der wirtschaftliche Aufschwung der Vereinigten Staaten nicht angekommen ist – und den Veteranen, die sich von der Politik im Stich gelassen fühlen, findet Trump großen Zuspruch. Sein Wahlkampfslogan „Make America Great Again“ trifft den Nerv dieser Wählergruppen, die sich auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sehen und sich nach besseren Zeiten sehnen. Auch bei den Evangelikalen schneidet Trump gut ab, obwohl er mehrfach geschieden und kein regelmäßiger Kirchgänger ist. Auf die Stimmen der strenggläubigen Evangelikalen hatte eigentlich der ultrakonservative Ted Cruz gesetzt. Doch er verliert einen beachtlichen Anteil seiner Wählerschaft an Trump.

Das weiße Haus in Washington - Foto © Freie Demokraten

Viele Unterstützer von Donald Trump sind von der Politik Washingtons enttäuscht und haben das Gefühl, kein politisches Mitspracherecht zu besitzen. Eine Studie der renommierten RAND Corporation veranschaulicht dies ganz deutlich. 86 Prozent derjenigen Personen, die mit der Aussage „Leute wie ich haben nichts zu sagen“ übereinstimmten, gaben an, dass sie wahrscheinlicher Trump wählen würden als einen seiner Kontrahenten. Sie vertrauen Trump gerade weil er kein Berufspolitiker ist. Dass er ins Schwanken gerät, sobald man ihn zu seinen politischen Ansätzen fragt, scheint seine Unterstützer nicht sonderlich zu stören. Zu ihren größten Sorgen gehören die Themen Terrorismus, nationale Sicherheit, die wirtschaftliche Lage des Landes und die hohe Staatsverschuldung. Ihre Nöte und Ängste finden sie in Trumps Wahlkampfreden wieder, in denen er die USA als Verlierer darstellt: von Einwanderern überflutet, von Terroristen bedroht und von wirtschaftlichen Krisen in die Knie gezwungen. Trump selbst stellt sich als Gewinner dar, der es im Leben zu etwas gebracht hat. Und wenn ein Gewinnertyp wie er zum nächsten Präsidenten gekürt würde, würden auch die Vereinigten Staaten wieder auf dem Siegertreppchen stehen.

Interessant dabei ist, dass es Trump gelingt, mehrere Personen gleichzeitig in sich zu verkörpern. Einerseits ist er der erfolgreiche Geschäftsmann, auf der anderen Seite verkörpert er den Mann von nebenan, der ausspricht, was viele nicht auszusprechen wagen. Er ist ein Kämpfer, der seine Mitstreiter direkt attackiert, positioniert sich aber auch als einigende Kraft, die die Republikanische Partei wieder zusammenführen kann. Seine politischen Positionen schwanken und er lässt sich weder von Ideologien noch von Religion einpferchen. Dadurch gelingt es ihm, eine weite Bandbreite an republikanischen und unabhängigen Wählern zu erreichen. Bisher scheint seine Strategie aufzugehen. Ob es auch für die noch bevorstehenden Vorwahlen reichen wird, bleibt abzuwarten.





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