„Machen Arbeitszeugnisse noch Sinn?“ – Empirische Studie der Ernst-Abbe-Hochschule Jena zur Zeugnispraxis in Deutschland

06.04.16 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENAKeine Kommentare zu „Machen Arbeitszeugnisse noch Sinn?“ – Empirische Studie der Ernst-Abbe-Hochschule Jena zur Zeugnispraxis in Deutschland

JEZT - Die Ernst-Abbe-Hochschule in Jena - Foto © EAH Beibst

Die Ernst-Abbe-Hochschule in Jena – Foto © EAH Beibst

(JEZT / EAH / NEEF) – Jeder Beschäftigte hat in Deutschland bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Rechtsanspruch auf die Ausstellung eines einfachen Arbeitszeugnisses. Dieses enthält Aussagen zur Art und Zeitdauer der ausgeübten Tätigkeit. Auf Verlangen des Beschäftigten sind auch Aussagen über seine Leistungen und sein Verhalten aufzunehmen. Durch diesen Bewertungsteil wird aus dem einfachen Arbeitszeugnis ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Häufig stellen Unternehmen ohne explizite Anforderung der Beschäftigten ein qualifiziertes Zeugnis aus. Die Rechtsprechung hat die Direktive aufgestellt, dass Arbeitszeugnisse einerseits wahr, andererseits aber auch wohlwollend formuliert sein müssen, um den Arbeitnehmer in seinem weiteren beruflichen Fortkommen nicht zu stark zu behindern.

Die Frage ist, ob diese beiden Vorgaben überhaupt zu vereinbaren sind. Punktuelle Gespräche mit Personalverantwortlichen lassen vermuten, dass sich die Unternehmen zur Umgehung rechtlicher Probleme bei schwacher Leistung oder negativem Verhalten des Mitarbeiters aus dieser Formulierungszwickmühle zwischen Wahrheit und Wohlwollen herauswinden, indem Negatives überhaupt nicht angesprochen wird oder in positiven Formulierungen versteckt wird.

JEZT - Arbeitgeberzeugnis - Symbolbild © MediaPool Jena

Arbeitgeberzeugnis – Symbolbild © MediaPool Jena

Vielfach wird also die Existenz eines „Zeugniscodes“ behauptet, den man beim Lesen eines Arbeitszeugnisses entschlüsseln muss. Aber wie rational ist es eigentlich, dass der Zeugnisersteller zunächst Wahrheiten versteckt, die der Zeugnisleser dann mühsam enttarnen soll? Und funktioniert das überhaupt mit hinreichender Präzision? Diese Frage ist höchst relevant, da Arbeitszeugnisse bei der Erstellung (Bürokratie-)Kosten verursachen und nach wie vor ein Standardbaustein jeder Bewerbungsunterlage sind, also im Rahmen der Personalauswahl für eine neue Stelle potenziell eine wichtige Funktion wahrnehmen.

Wenn aber nun viele Unternehmen einerseits Bedenken wegen möglicher Zeugnisstreitigkeiten mit dem scheidenden Arbeitnehmer haben und andererseits ahnen (wissen?), dass man im Zeugnis nur höchst eingeschränkt Wahrheiten findet, wie wahrscheinlich ist es dann, dass Zeugnisse zum einen sorgfältig und aussagekräftig formuliert und zum anderen systematisch ausgewertet werden? Beides ist aber Voraussetzung dafür, dass das Dokument „Arbeitszeugnis“ Sinn macht. Sind diese Voraussetzung nicht gegeben, dann könnte man sich den Zeit- und Kostenaufwand für Zeugnisse auch komplett sparen. Eine Übersicht der Studie findet man HIER im Internet!





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