Im TLZ-Interview wirbt Thomas L. Kemmerich für eine Verwaltungs- statt einer Gebietsreform (Teil 2)

19.04.16 • JEZT AKTUELL, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENA & DIE REGIONKeine Kommentare zu Im TLZ-Interview wirbt Thomas L. Kemmerich für eine Verwaltungs- statt einer Gebietsreform (Teil 2)

Thomas L. Kemmerich im Interview mit der Thüringischen Landeszeitung – Bildquelle TLZ © Michaelis – Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Mediengruppe Thüringen

Thomas L. Kemmerich im Interview mit der Thüringischen Landeszeitung – Bildquelle TLZ © Michaelis – Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Mediengruppe Thüringen

Thomas L. Kemmerich, Landesvorsitzender der FDP, hält eine Gebietsreform in Thüringen für überflüssig. Im Interview mit der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) spricht er über Konzepte der Liberalen für eine Verwaltungsreform und blickt auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr voraus. Lesen Sie hier Teil 2 des langen Interviews, das Nils R. Kawig und Fabian Klaus führten: [DORT FINDEN SIE TEIL 1 DES INTERVIEWS]

Wie viel Weiterbildung ist denn in den Verwaltungen notwendig, damit die Mitarbeiter auch technisch so weit sind, dass sie das alles umsetzen können – nach dem Motto Thüringen 4.0?

Im Endeffekt braucht es in den meisten Bereichen nur Leute, die Dinge erfassen können. Das ist kein Hexenwerk. Viel wichtiger sind die Aufregerthemen, Windräder zum Beispiel, um die sich dann viel intensiver vor Ort gekümmert werden kann. Wir sagen ja „Thüringen 4.0 statt Bezirke 2.0“, was die Vorstellungen von Linke und SPD sind.

Verwaltungsaufgaben zu revolutionieren, das würde von Ihnen durchgedrückt werden.

Genau. Das wird natürlich Widerstände in der Verwaltung auslösen. Da machen wir uns nichts vor. Aber mein Mitleid ist hier eingeschränkt. Mir ist der Bürger wichtig, denn er ist der Empfänger des Services.

Hätten Sie jetzt die Überzeugungskraft und politische Macht, wie würde es dann nach der erstellten Aufgabenkritik weitergehen?

Ich würde sagen mit einem Big Bang. Zu einem klaren Datum also. Man muss ja schnell 25 000 Menschen bewegen. Wer es schleichend macht, der wird feststellen, dass es schleichend nicht passiert. Man muss ja auch nicht alle Aufgaben in Weimar oder Erfurt lösen, sondern hat viele Orte dafür.

FDP - Größe des Landkreises - Weite des Horizonts

Haben Sie mal geschätzt, wie viele Stellen man so effizienter nutzen könnte?

Ich kann das nur aus der Stadtverwaltung Erfurt rückrechnen. Das könnten bis zu einem Drittel der kommunalen Stellen auf Kreis- und Gemeindeebene sein.

Wie weit wären Sie mit ihrem Konzept 2019?

Man wäre fertig damit. Wenn man sich jetzt 15 Monate Zeit lässt mit der Aufgabenkritik und dann Mitte 2017 in die Umsetzung geht, dann würde es in den Anfangsmonaten natürlich gewaltig rumpeln. Aber dann läuft es. Und die EDV-gestützten Lösungen gibt es schon, die muss man nur einkaufen.

Die kosten aber wieder Geld.

Man muss es wollen. Aber wir haben doch die 155 Millionen von Kommunalminister Holger Poppenhäger. Das ist ein großer Batzen Geld, der dort besser investiert wäre. Jetzt wird er wie Stroh auf ein loderndes Feuer geschmissen und verpufft.

Eine Gemeinde haben Sie davon aber nicht entschuldet.

Das ist nur der Lockvogel. Ich halte das für unlauter. Das ist ein Schlag in die Gesichter der Gemeinden, die in den letzten 20 Jahren vernünftig gewirtschaftet haben und nun mit Recht sagen, dass sie die Gekniffenen sind. Die Faulen erfahren in meinen Augen eine falsche Solidarität. Der Unstrut-Hainich-Kreis zum Beispiel, der seit Jahren über die Maßen lebt, profitiert; und die, die es besser gemacht haben, gucken in die Röhre.

Thomas L. Kemmerich im ThüringenJournal - Fotoquelle MDR

Thomas L. Kemmerich im ThüringenJournal – Fotoquelle MDR

Nehmen wir mal einen ganz kritischen Bürgermeister oder Landrat. Der sagt doch nun: „Der Kemmerich zieht mir die ganzen Arbeitsplätze hier ab.“

Es geht nur um die Konzentration der Aufgabe. Thüringen ist überwiegend so gut erschlossen, dass es für jeden zumutbar ist, nach Erfurt, Nordhausen, Sondershausen zu fahren. Das kann man steuern. Man hat nur eine andere Trägerschaft. Das ist schon eine teilweise Entmachtung der Landräte.

Mancher Landrat streckt sich aber nicht unbedingt nach Landesaufgaben. Sie sprechen von Entmachtung. Die Landräte haben doch trotzdem genug zu tun.

Mancher Verwaltungsleiter definiert seine Macht nach Anzahl der Mitarbeiter. Wer aber sagt, dass ihm das Wohl seiner Region am Herzen liegt, der dürfte befreit sein.

Also der Landrat wieder als Landrat und nicht als Verwaltungsleiter.

Genau. Wer sich um die Region kümmern kann und das ernst meint, der dürfte mit unserem Konzept befreiter sein dafür.

Wen müssen Sie jetzt überzeugen, damit Sie mit Ihren Ideen auf fruchtbaren Boden stoßen?

Wir müssen zunächst anerkennen, dass Rot-Rot-Grün an der Macht ist und sich einen Zeitplan vorgenommen hat, um das durchzudrücken. Anders kann man das nicht sagen. Es gibt aber die klare Aussage, dass ein Bürgerbegehren dagegen initiiert wird. Das unterstützen wir. Und in der Diskussion mit den Initiatoren dieses Bürgerbegehrens werden wir unser Konzept vorstellen und dafür werben. Die CDU zum Beispiel hat bis heute kein tragfähiges Konzept. Wir Liberalen haben uns aber vorgenommen, nicht nur zu sagen, dass es nicht geht, sondern zu sagen, wie es funktionieren könnte. Deshalb die zwei Grundsätze: „Thüringen 4.0 statt Bezirke 2.0“ und „Der eigene Lebensentwurf steht im Vordergrund“, also in dem Fall der Gemeinde oder des Kreises.

Kurz zur FDP: Wie steht‘s um Ihre Partei, die ja gerade schwere Zeiten durchmacht?

Die kommunale Basis ist in Thüringen nach wie vor stark und gut vernetzt vor Ort. Es steht hier ein Generationswechsel an. Die Stimmung ist besser als vor zwei Jahren. Aus der Aussage, eine liberale Partei zu vermissen, ist mittlerweile das Bewusstsein geworden, dass es die FDP ist, die vermisst wird in den Parlamenten. Wir haben noch ein gutes Jahr bis zur Bundestagswahl. Es ist das Ziel, wieder in den Bundestag zu kommen.

Das ganze passiert mit Christian Lindner an der Spitze?

Von unserer Thüringer Warte her ja. Wir haben ja noch die NRW-Wahl im Mai nächsten Jahres als Testwahl. Christian Lindner macht das hervorragend und mit einem irren Engagement. Im vergangenen Wahlkampf hat er 180 Einsätze gefahren, das muss man erst einmal hinbekommen.

Sie bleiben Thüringen für die FDP erhalten oder streben Sie Richtung Bund?

Ich bin Landesvorsitzender in Thüringen und sehe meine vorrangige Aufgabe darin, die FDP in Thüringen wieder stabil und stark zu machen. Wir werden aber überlegen müssen, wie wir in Thüringen den Bundestagswahlkampf bestreiten; auch mit einem hier bekannten Gesicht.

Da gibt es ja nicht so viele …

Das ist richtig. Die Entscheidung ist noch nicht getroffen. Mein Ziel ist es aber, die FDP 2019 in den Thüringer Landtag zurückzuführen. Wenn wir unsere Ziele betonen, dann müssen wir uns in keiner Weise verstecken.

Hinweis: Interview-Wiedergabe und Foto ganz oben veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Mediengruppe Thüringen.





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