„Rot-Rot-Grün in Not?“: Bürgergutachten der Landesregierung zur Gebietsreform in Thüringen droht zu scheitern

27.09.16 • JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENA & DIE REGIONKeine Kommentare zu „Rot-Rot-Grün in Not?“: Bürgergutachten der Landesregierung zur Gebietsreform in Thüringen droht zu scheitern

JEZT - Ror Rot Gruen Ampel - Grafik © MediaPool Jena

Radio Jena Newscontainer Logo 230„Bürgergutachten“ gelten als probates Mittel gegen politischen Verdruss. Auch unser Freistaat ist gerade dabei, ein solches vorzubereiten, wie einst Rheinland-Pfalz, das 2009 ein Bürgergutachten über die Gebietsreform in RP in Auftrag gab. Damals durften die dortigen Bürger jedoch u. a. auch ihre Meinung über die Veränderung von Gebietsgrenzen  abgeben. Da jedoch könnte beim Thüringer Bürgergutachten außen vor bleiben, wie der MDR berichtet. Aber nicht nur deshalb droht dem Thüringer Innenministerium mit seinem groß angekündigten „Bürgergutachten zur Gebietsreform“ eine Schlappe.

Nach Informationen von „MDR Thüringen“ sei es derzeit noch völlig offen, ob Erfurt überhaupt die angestrebte Anzahl von berufstätigen Teilnehmern finden wird. Diese müssten für die von Rot-Rot-Grün geplanten Veranstaltung wohl eigenen Urlaub beantragen und nehmen, denn – so der MDR – bisher habe das Thüringer Bildungsministerium das Projekt „Bürgergutachten“ noch nicht als Bildungsurlaub anerkannt. Den Angaben des Mitteldeutschen Rundfunks nach werden in Nord-, Ost- , Mittel- und Südwestthüringen insgesamt knapp 100 Bürgerinnen und Bürger gesucht, die ab Ende Oktober an mehreren Tagen in den sog. „Planungszellen“ Wissen, Erfahrungen und Ideen einbringen sollen.

Per Zufallsgenerator sollen, der Vorstellung der R2G-Landesregierung entsprechend, potenzielle Teilnehmer im Mindestalter von 16 Jahren unter den Einwohnern von „kleineren Kommunen“ ausgewählt werden. Als „kleinere Kommunen“ seien dem Vernehmen nach inzwischen ausgelost worden:

– (aus Ostthüringen): Schmölln, Kahla, Saalburg-Ebersdorf und Rückersdorf,
– (aus Nord-Thüringen): Sondershausen, Sonnenstein, Schlotheim und Oberheldrungen,
– (aus Mittel-Thüringen): Sömmerda, Blankenhain, Tambach-Dietharz und Sonneborn,
– (aus Südwest-Thürngen): Sonneberg, Römhild, Kaltennordheim und Gompertshausen.

Die ausgewählten Bürgerinnen und Bürger sollen dann, wie der MDR berichtet, insgesamt drei Tage gemeinsam diskutieren, wobei es neben freier Kost und Logis auch eine Aufwandsentschädigung aus der Landeskasse gibt. Die Ergebnisse und Empfehlungen werden sodann Ende November 2016 im „Bürgergutachten Gebietsreform“ zusammengefasst. Ein genauer Übergabetermin des Gutachtens an die Landesregierung stehe zwar noch nicht fest, jedoch werde dies, dem Vernehmen nach, nicht vor Februar 2017 sein.

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Bürgergutachten- Symbolbild © MediaPool Jena

Organisiert und begleitet werde das Prozedere, den MDR-Angaben entsprechend, vom Berliner Unternehmen „NEXUS Institut für Kooperationsmanagement und interdisziplinäre Forschung“. Obwohl sich das Institut bundesweit einen Namen gemacht hat (z. B. bei der genannten Verwaltungs- und Gebietsreform in Rheinland-Pfalz im Jahr 2009) ist die Auftrags-Vergabe an NEXUS mehr als umstritten. Nach Informationen von „MDR Thüringen“ sei das Institut Anfang Juli 2016 vom Thüringer Innenministerium mit dem Projekt „Bürgergutachten“ beauftragt worden, ohne dass dem eine öffentliche Ausschreibung vorangegangen sei. Dies wiederum verstoße, so der MDR, gegen gesetzlich vergeschriebene Vergabe-Regelungen, nach denen die absolute Obergrenze für die freie Vergabe von Dienstleistungsaufträgen der Landesregierung bei 20.000 Euro liegt bzw. für eine sog. „beschränkte Ausschreibung“ bei 50.000 Euro.

Das Berliner NEXUS-Unternehmen soll aber weit mehr Geld für seine Dienstleistung erhalten. Die genaue Summe ist zwar nicht bekannt, jedoch hatte Innenminister Holger Poppenhäger im Frühjahr 2016 gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk erklärt, für das Bürgergutachten seien 150.000 Euro vorgesehen. Außerdem erklärte das Innenministerium inzwischen, die Vergabe vom Juli sei (Zitat) „rechtens, da im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung sechs Anbieter um ein Angebot gebeten wurden“, wobei NEXUS das wirtschaftlichste Gebot abgegeben habe. Beschränkt ausschreiben habe man müssen, so das Poppenhäger-Ministerium, da „hierbei eine besondere Dringlichkeit vorlag“.

Das jedoch sei aber falsch und dem Ministerium aus so bekannt, erklärte der Mitteldeutsche Rundfunk gestern. Erstens hätten öffentliche Ausschreibungen nach dem Vergabegesetz grundsätzlich Vorrang vor beschränkten Ausschreibungen. Es stimme, dass Ausnahmen zulässig sind, wenn „eine besondere Dringlichkeit“ bestehe; diese dürfe aber nicht von der Landesregierung sozusagen fingiert werden, sondern es müsse beispielsweise „Gefahr im Verzug“ sein, so der MDR. Das aber sei hier offensichtlich nicht der Fall gewesen.





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