„Jetzt sind die Betreiber gefragt“: Junge Frau beklagt sexuelle Übergriffe von Männern in Jenaer Clubs

06.01.17 • FREIZEIT & GARTEN, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENAKeine Kommentare zu „Jetzt sind die Betreiber gefragt“: Junge Frau beklagt sexuelle Übergriffe von Männern in Jenaer Clubs

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Partyspaß auf dem Jentower. Foto © Romana Streng (www.photomana.de)

Radio Jena Newscontainer Logo 230Dieser Tage ging in unserer Stadt die Sorge um, dass es an Silvester in Jena zu sexuellen Übergriffen hunderter nordafrikanischer Männer aus den Maghreb-Staaten gekommen sein soll, dass sich Frauen deshalb in Jena unwohl bis verängstigt fühlen müssten. Allerdings konnte die Polizei solcherlei Übergriffe nicht bestätigen.

In einem offenen Brief an die Betreiber verschiedener Jenaer Clubs beklagt sich jetzt eine junge Frau darüber, Opfer sexueller Übergriffe zu werden und zwar nicht durch Flüchtlinge oder Ausländer sondern durch Deutsche Männer. Einen Klatsch auf den Po, das Betatschen der weiblichen Brust, „ein Küßchen in Ehren“ – all das werde offenbar von diesen Männern als normal empfunden, beklagte sich die 19-jährige Jenaplan-Schülerin Alina Sonnefeld in der OTZ. „Es darf nicht sein, dass sechzehnjährige Mädchen, die das erste Mal mit Muttizettel ausgehen, von hinten angetanzt, angefasst und ohne ihr Zutun geküsst werden, denken, dass das normal ist. Ist es nämlich nicht. Das ist scheiße“, sagte die junge Dame gegenüber der Ostthüringer Zeitung und betonte dabei, dass es ihr nicht um Einzelfälle gehe.

Viele Gespräche mit Freundinen hätten belegt, dass eine Menge weiterer junger Frauen ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hätten. Sonnefeld benannte auch mehrere alternativen Clubs in Jena, Einrichtungen wie das Kassablanca oder den Rosenkeller, in denen sich junge Frauen und Studierende normalerweise sicher und geborgen fühlen sollten. Dies sei jedoch ein Irrtum, meint die 19-Jährige, denn je später die Stunde, je höher das Level an konsumiertem Alkohol, desto größer werde die Gefahr, von Männern auf der Tanzfläche als Freiwild betrachtet zu werden. Zu lange habe sie derartige Vorfälle hingenommen, erklärte sie gegenüber der Lokalzeitung, gehe nun aber nur noch selten feiern „und wenn, dann nur mit einer männlicher Begleitung.“ – Etwa zehn Clubs hat Alina Sonnefeld angeschrieben; hier ist ihr offener Brief, der von weiteren jungen Frauen mit unterzeichnet wurde, in voller Länge:

»Liebe alternative Clubs in Jena, ich hab euch eigentlich ganz schön gern.

Bei euch kann ich mir experimentelle Theaterstücke anschauen, meine Bilder ausstellen, Bustickets zu Demos kaufen und die Nächte durchtanzen. Ihr unterstützt Jugendliche und soziale Projekte. Bei euch würde ich mich wohlig wie zuhause fühlen – wäre da nicht diese eine Sache: Nachts fühle ich mich bei euch nicht sicher.

Ab einer bestimmten Uhrzeit werde ich oft gegen meinen Willen angefasst, geküsst, belästigt. Ich gehe nur noch selten feiern – und wenn, immer nur mit männlicher Begleitung. Im Austausch mit anderen Mädchen und Frauen, ist aufgefallen, dass es nicht nur meine individuelle Wahrnehmung ist, sondern vielen so geht. Fast jede weiß von Erfahrungen zu erzählen, bei denen ihre persönliche Grenze überschritten wurde. Das Problem gibt es nicht nur bei euch, aber ich glaube, dass ich bei euch auf Gehör treffe.

Von linken Clubs hätte ich mehr erwartet. Ihr setzt euch für Gleichberechtigung ein, aber schafft es nicht, sie auf eurer Tanzfläche durchzusetzen. Die Atmosphäre bei euch, fühlte sich für mich nie so an, als ob ein offenes Ohr auf mich wartet, wenn ich von einem sexuellen Übergriff berichte. Ich traute mich nie, etwas bei der Security zu melden und versuchte mich so direkt wie möglich zu wehren. Wirklich erfolgreich war ich selten und Hilflosigkeit machte sich breit. Es geschah so oft, dass dieser unangenehme erniedrigende Umgang Normalität wurde.

Deshalb schreibe ich diesen Brief.

Es darf nicht sein, dass sechzehnjährige Mädchen, die das erste Mal mit Muttizettel ausgehen, von hinten angetanzt, angefasst und ohne ihr Zutun geküsst werden und denken, dass das normal ist. Ist es nämlich nicht. Das ist scheiße.

Hier seid ihr gefragt. Hängt Plakate auf, die das Bewusstsein für sexuelle Gewalt schärfen. Richtet eine Anlaufstelle für alle Betroffenen ein und macht auf sie Aufmerksam. Gebt öffentliche Statements ab, dass fairer gleichberechtigter Umgang in euren Räumen an erster Stelle steht. Schafft eine Atmosphäre, in der sich alle – unabhängig von Geschlecht, Herkunft und Glauben – wohlfühlen. Ich bin mir sicher, dass ihr viele Helfer*innen findet. Ihr habt die Erste in mir.

Alina Sonnefeld (mit Unterstützung von Lara Treff, Hilde Teichgräber, Laura Struppert, Fiona Rost, Jenny Bornmann, Martha Kirmse)«

Über die Reaktionen der angeschriebenen Clubs bzw. der Clubbetreiber werden wir hier noch gesondert berichten.





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