„Wir machen aktive Bürgerbeteiligung im Radio“: Rainer Sauer zum 18. Geburtstag des Offenen Hörfunkanals Jena (Teil 2)

14.03.17 • AUS DER REGION, INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, RADIO JENA, START, UNSER JENA, UNSER JENA & DIE REGIONKeine Kommentare zu „Wir machen aktive Bürgerbeteiligung im Radio“: Rainer Sauer zum 18. Geburtstag des Offenen Hörfunkanals Jena (Teil 2)

JEZT - Die OK.Biene von Radio OKJ im Einsatz - Foto © Radio OKJ

Die OK.Biene von Radio OKJ im Einsatz – Foto © Radio OKJ

JEZT - Radio OKJ ButtonJenas Bürgerradio ist seit Montag offiziell „erwachsen“. Knapp zwei Jahrzehnte ist es her, als sich der Radio OKJ e.V. zum Ziel setzte, Kunst und Kultur unserer Stadt im Bereich Medien zu fördern. Seit 1998 trägt er die Aufgabe, die technischen und personellen Mittel für den Betrieb des Jenaer Bürgerradios bereitzuhalten und es gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu betreiben. Sendestart war am 13. März 1999.

Wir sprachen mit Rainer Sauer zum Geburtstag von RADIO OKJ [Lesen Sie HIER den ersten Teil des Interviews]:

Frage: Andere Portale geben ihre Quellen selten bis gar nicht an. Auf welche Infoquellen stützt sich JEZT und wie muss man die journalistische Arbeit verstehen?

Sauer: Wir greifen auf eine Vielzahl von Quellen zurück und die stehen jedermann offen, so dass man stets und jederzeit überprüfen kann, dass wir unbeeinflusste Informationen verbreiten. Die Polizeimeldungen stammen z.B. sowohl von der Landespolizeiinspektion Jena als auch der PI Saale-Holzland oder der Autobahnpolizei Thüringen. Da gibt es spezielle Webseiten mit den Medieninfos, so dass wir da immer auf dem aktuellen Stand sind. Ähnlich verhält es sich bei den beiden Hochschulen oder den universitären Einrichtungen inklusive des Klinikums. Die Stadt Jena bietet eine Vielzahl von aktuellen Infos, die man abrufen kann, z.B. gebündelt im Newsroom. Aber auch JenaKultur, JenaWirtschaft oder die Eigenbetriebe halten eine Vielzahl von Seiten vor, die über aktuelles informieren. Meist bekommen wir aber Pressemeldungen direkt zugesandt, was auch nicht verwundert, denn vom UKJ über die FSU bis hin zu Jenoptik oder der Stadt Jena gibt es Pressestellen oder Pressesprecher, deren Aufgabe darin besteht, Informationen möglichst breit zu streuen. Natürlich kann man diese nicht 1:1 weiterverbreiten; das wäre kein seriöser Journalismus. Die Recherche und Rückfrage bei mindestens einer zweiten Quelle sichert die Qualität der Information.

JEZT - Studio 2 von Radio OKJ Jena im Jahre 2010 - Foto © MediaPool Jena

Studio 2 von Radio OKJ Jena im Jahre 2010 – Foto © MediaPool Jena

Sie sind der „inhaltlich Verantwortliche“ bei JEZT, wie es so schön heißt. Wie darf man das verstehen und wie legen Sie fest, was wann bei JEZT veröffentlicht wird?

Einer muss, das ist gesetzlich vorgeschrieben, die Verantwortung tragen. Aber ich schreibe nur hin und wieder Artikel selbst. Entscheidungen darüber, was wann veröffentlicht wird, trifft die Redaktion. Es gibt Redakteure für die unterschiedlichsten Themengebiete – insgesamt zwei feste Mitarbeiter und derzeit zwei bis vier freie. Das unterscheidet uns von anderen Portalen, die meist eine Ich-AG sind. Unser Spektrum ist breit und umfasst nahezu alle gesellschaftlichen Themengebiete in Jena und der Region. Und da geht es nicht nur um das Thema „Ach, was geht es uns so gut“. Ohne Zweifel herrscht in unserem Land und damit auch in der Region Jena soziale Kälte. Es sieht so aus, als ob das Recht des Stärkeren über die Sozialökonomie und -harmonie gestellt wird. Wenn ein Vollzeit-Zahntechniker, also ein handwerklicher Beruf mit dreieinhalbjähriger Ausbildung, in der Region Ostthüringen mit 1.200 Euro netto nach Hause kommt, dann kann er damit keine Familie ernähren, lebt die allein erziehende Zahntechnikerin mit ihrem Kind am Existenzminimum. Vor allem, wenn die Mietpreise wie in Jena extrem hoch sind. Aber „JEZT – Zukunft gestalten“ bedeutet also nicht nur, den Leuchtturm Jena zu loben, sondern auch im Bereich der sozialen Mißstände Flagge zu zeigen, Darum geht es.

Wie werden die Themen der täglichen Artikel ausgewählt?

Wir haben dazu Befragungen und Erhebungen gemacht und zwar seit 2012. Danach sind den Jenaern Wissenschaftsinfos nahezu gleich wichtig wie der Sport, Stadt- und Kreispolitik und soziale Perspektiven in allen Lebensbereichen – von Apolda bis Eisenberg, von Camburg bis fast nach Orlamünde – sind ein weiterer wichtiger Themenfaktor und natürlich das kulturelle Leben. Mit dem „Thüringen Radar“ setzen wir den Fokus hin und wieder auch über den Tellerrand hinaus, was Sinn macht, denn wenn unsere Jenaer und SHK Politiker – ob von den Linken, den Grünen, der SPD, CDU, FDP bis hin zur AfD – in Erfurt aktiv sind, hat das natürlich eine Wirkung auf die Zukunft von Stadt und Region. Gerade die letzte Koalitionierung in Erfurt in der Verbindung von Linken, SPD und den Grünen liefert immer wieder Kontroversen zur Jenaer Stadtregierung von Rot-Schwarz-Grün und das bringt wichtige Informationen und Hinweise auf die manchmal widerspüchliche Umsetzung parteipolitischer Interessen in Stadt, Kreis und Land.

Stadtrat Live - Symbolfoto © MediaPool Jena

„Stadtrat Live“ im historischen Rathaus – Symbolfoto © MediaPool Jena

„Stadtrat Live“ ist ein weiteres wichtiges Feld. Wer möchte schon Mittwoch Abends am PC verbringen, um so den Livestream der Stadtratssitzung zu verfolgen? Wir senden live OnAir im Radio auf UKW mit einer Sendegenehmigung der Stadt. „Stadtrat Live“ zu machen kostet uns inklusive der Übertragungstechnik rund 1.000 Euro im Jahr plus viele Stunden Freizeit. Dafür kann aber auch nun wirklich jeder, der will, den Debatten und Beschlüssen des Jenaer Stadtrats, egal ob er im Garten sitzt oder in der Badewanne liegt, live zuhören. Wir machen also aktive Bürgerbeteiligung im Radio.

Vor einiger Zeit sprachen Sie auch davon, dass den Menschen in Jena Infos zum Thema rechter Indoktrination wichtig sind.

Gut, dass Sie das ansprechen, denn das hatte ich eben glatt vergessen. In der Tat gibt es in Jena ein großes Interesse daran, die Wahrheit über rechte Untriebe zu erfahren. Das düsterste Kapitel, nämlich der „Nationalsozialistische Untergrund“, ist ja noch gar nicht beendet. Von Anfang an haben wir darüber berichtet und nun läuft der Prozess gegen Beate Zschäpe und die Mitangeklagten, von denen nur einer nicht aus Jena stammt, bereits mehr als 350 Tage. Das Interesse am Thema ist ungebrochen. Schon 2012/2013 übernahm der bekannte Politikwissenschaftler Hans-Joachim „Hajo“ Funke unsere Serie „Inside NSU“ auf seinen Blog mit dem Schwerpunkt zu Rechtsextremismus und Antisemitismus in Deutschland. Und letztes Jahr hat man mich als Pressevertreter zur Podiumsdiskussion „Beate Zschäpe – Der Jahrhundertprozess“ eingeladen und das zeigt aus meiner Sicht, wie wichtig es ist, auf JEZT diesen Punkt unserer Jenaer Historie nicht aus dem Fokus zu verlieren.

Vielen Dank für das Gespräch.





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