Cassinis Schlusspunkt der NASA-Mission „Saturn“ beginnt: Mehrere spektakuläre Manöver folgen bis zum kommenden Freitag

09.09.17 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, START, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu Cassinis Schlusspunkt der NASA-Mission „Saturn“ beginnt: Mehrere spektakuläre Manöver folgen bis zum kommenden Freitag

Die Cassini Sonde tritt in die Atmosphäre des Saturn ein. – Illustration © NASA JPL/Caltech

(BERNHARD DOEPFER) – Die amerikanisch-europäische Raumsonde Cassini beginnt in diesen Stunden eine Reihe von entscheidenden Flug-Manövern für den finalen Abstieg in die Atmosphäre des Gasplaneten Saturn, die am kommenden Freitag stattfinden soll. Experten der NASA gehen davon aus, dass dann der Radio-Kontakt des Raumkörpers mit der Erde innerhalb von nur etwa ein bis zwei Minuten nach Eintritt in die oberen Schichten des Saturn abbrechen wird, doch auf dem direkten Weg vom derzeitigen Kurs zur Planetenoberfläche werden nicht weniger als acht von Cassinis zwölf wissenschaftlichen Instrumenten Daten sammeln und an die Erde senden.

Hierbei tastet insbesondere das Ionen-Massenspektrometer des Raumfahrzeugs (INMS) die einzelnen Atmosphärenschichten direkt ab und gibt so möglicherweise Einblicke in die Entstehung und Evolution des Riesenplaneten. Am 14. September, dem Tag vor dem planmäßigen Atmosphäreneintritt, werden andere Cassini-Instrumente detaillierte, hochauflösende Beobachtungen von Saturns Aurora-Leuchterscheinungen, den Temperaturen und den merkwürdig kantigen Wirbeln an den Polen des zweitgrößten Planeten unseres Sonnensystems beginnen. Begleitend hierzu werden jedoch vor der letzten Abstiegsphase Cassinis Kameras abgeschaltet um mehr Datenübertragungsvolumen für die wissenschaftlichen Daten zur Verfügung zu haben; somit wird das finale Cassini-Photo des Saturn-Systems vom 14. September 2017 stammen.

Spekakuläre Aufnahmen erwarten uns bei den Saturn-Passagen von Cassini – Foto © NASA JPL/Caltech

In seiner letzten Arbeitswoche wird die Raumsonde nach NASA-Angaben mehrere besondere Punkte ihrer Mission erleben, die nachfolgend aufgelistet sind:

Samstag, 09.09.2017: Cassini führt die letzte ihrer dann insgesamt 22 Passagen zwischen Saturn und seinen Ringen durch, mit einer nächsten Annäherung an die oberen Wolkenschichten des Saturn von etwa 1.680 Kilometer.

Montag, 11.09.2017: Cassini wird ein finales Flyby-Manöver an Saturns größtem Mond Titan machen, um sich so den Schwung für den Abstig in die Atmosphäre zu holen. Auch wenn das Raumfahrzeug bei diesem Vorbeiflug rund 120.000 Kilometer von Titan entfernt ist, wird der Gravitationseinfluss des Mondes das Raumfahrzeug beim Flyby leicht verlangsamen, damit Casssini in der Nacht vom 14. auf den 15. September auf Kurs ist, um tief in die Saturn Atmosphäre einzutauchen, anstatt nur durch die äußersten Ränder der Saturn-Atmosphäre zu fliegen und hierdurch aufgrund deren Reibung und Erwärmung zerstört zu werden.

Donnerstag, 14.09.2017: Cassinis Bildkameras nehmen ihren letzten Blick auf das Saturn-System auf, und senden Bilder der Monde Titan und Enceladus, den sechseckigen Jet-Stream um den Nordpol des Planeten und den faszinierende Ringen an die Erde.

Freitag, 15.09.2017 (0.45 Uhr MESZ): Cassini dreht seine Hauptsendeantenne in Richtung der Erde und beginnt eine Kommunikationsverbindung, die bis zum Ende der Mission fortgesetzt wird. Es ist beabsichtigt, dass die Raumsonde dann seine finalen Fotobilder und andere Daten an die Erde sendet, die zuvor gesammelt wurden, aber bisher noch nicht übertragen werden konnten.

Freitag, 15.09.2017 (11.37 Uhr MESZ): Der „final Plunge“ (deutsch: „finaler Sprung“) benannte Crash der Sonde beginnt. Das Raumfahrzeug startet eine fünfminütige Dreh- und Rollbewegung, um sein INMS für die optimale Sammlung von Daten der Atmosphäre zu positionieren und anschließend nahezu in Echtzeit Messdaten zu übertragen.

Freitag, 15.09.2017 (14.53 Uhr MESZ): Nachdem sich Cassini in den vergangenen knapp dreieinhalb Stunden dem Planeten immer weiter angenähert hat, tritt die Raumsonde in die Atmosphäre des Saturns ein. Ihre Triebwerke feuern zuerst mit 10 Prozent Leistung, um die Richtungsstabilität aufrechtzuerhalten, so dass die Antenne des Raumfahrzeugs auf die Erde gerichtet bleibt und eine fortgesetzte Übertragung von Daten ermöglicht wird. Innerhalb einer Minute wird die Schub-/Bremsleistung der Triebwerke stetig erhöht.

Freitag, 15.09.2017 (14.54 Uhr MESZ): Cassinis Triebwerke feueren mit 100 Prozent der Kapazität. Die atmosphärischen Kräfte des Saturn werden die Cassini-Sonde jedoch zum Schlingern bringen, sodass die Kontrolle über die Ausrichtung des Raumfahrzeugs verloren gehen wird und die Antenne schnell ihre Senderichung zur Erde verliert. Die NASA erwartet nach all ihren Computersimulationen, dass dieser Moment etwa 1.500 Kilometer über Saturns oberster, visuell zu erkennender, Wolkenreihe auftreten wird. In diesem Momement wird die Kommunikation aus dem Raumfahrzeug enden und Cassinis Mission der Erforschung des Saturn und seiner Monde wird abgeschlossen sein. Wenige Momente später wird Cassini zerbrechen und die einzelnen Teile durch die Reibung binnen Sekunden in den tieferen Schichten der Saturn-Atmosphäre verglühen.

Zwei Saturnmonde und die Ringe des Gasriesen – Foto © NASA JPL/Caltech

„Das Große Finale mit dem ‚final plunge‘ stellt den Höhepunkt eines siebenjährigen Plans dar, die Ressourcen des Raumfahrzeugs in der wissenschaftlich produktivsten Weise zu nutzen. Außerdem vermeiden wir durch die sichere Zerstörung von Cassini in der Saturn-Atmosphäre jede Möglichkeit, dass unsere Sonde irgendwann einmal einen der Saturn-Monde beeinflussen könnte„, sagte Earl Maize, Cassini-Projektleiter am Jet-Propulsion-Laboratory in Pasadena/Kalifornien, letzte Woche in einer Pressekonferenz. Die NASA will vor allem verhindern, dass unter Umständen Mikroben von der Erde Saturnmonde wie Enceladus oder Titan kontaminieren könnten – gibt es dort doch womöglich einfache Formen von Leben, die noch zu erforschen sind.

Hintergrund: Die Mission Cassini-Huygens ist ein Kooperationsprojekt der NASA, der ESA (European Space Agency) und der italienischen Raumfahrtagentur. Das NASA-Jet-Propulsion-Labor, (JPL) eine Abteilung von Caltech in Pasadena, leitet die Mission für die NASA-Wissenschaftsmission-Direktion, Washington. JPL entwarf, entwickelte und montierte auch die Cassini Raumsonde. Seit ihrem Beginn im Jahre 1997 haben die Erkenntnisse der Cassini-Mission unser Verständnis von Saturn, seinen komplexen Ringen, den erstaunlichen Eigenarten seiner Monde und dem dynamischen magnetischen Umfeld des Planeten revolutioniert. Durch den bislang am weitesten von der Erde entfernten entfernte Planeten-Orbiter, der jemals durchgeführt wurde, begann Cassinis erstaunliche Entdeckungstour im Saturn-System.

Sogenannte „Icy Jets“ schießen aus dem winzigen Mond Enceladus in den Weltraum; sie enthalten Stoffe eines unterirdischen Ozeans und sind der Beweis dafür, dass es dort hydrothermische Aktivitäten gibt. Titans Kohlenwasserstoffseen und Meere werden von flüssigem Ethanol und Methan dominiert, in seiner Atmosphäre bilden sich komplexe vorbiotische Chemikalien und regen auf die Titan-Oberfläche zurück. Eigenartige dreidimensionale Strukturen über den Saturnringen konnte Cassini dokumentieren uns einen riesigen Saturnsturm, der den gesamten Planeten für die Deuer eines halben Jahr umkreiste. Cassinis Erkenntnisse am Saturn haben aber auch das Verständnis der Wissenschaftler auf der ganzen Welt über Prozesse gestützt, die an der Bildung von Planeten beteiligt sind.

 





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