„Vor 500 Jahren: Die Reformation änderte alles“ – Wie der „Thesenanschlag“ Luthers vonstatten ging und was er bewirkte

19.10.17 • AUS DER REGION, INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENA, UNSER JENA & DIE REGIONKeine Kommentare zu „Vor 500 Jahren: Die Reformation änderte alles“ – Wie der „Thesenanschlag“ Luthers vonstatten ging und was er bewirkte

Es war der 31. Oktober 1517. als Martin Luther seine 95 Thesen veröffentlichte, indem er sie – der Überlieferung nach – an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg schlug. Dieser Thesenanschlag gilt als Beginn der sogenannten Reformation. 500 Jahre später feiern wir nicht einfach nur 500 Jahre Reformation, sondern erinnern auch daran, welche Rolle die Reformation bei der Entstehung der Moderne gespielt hat. – Das ist unser Monatsthema im Oktober 2017.

Dem Thesenanschlag ging Luthers Wut voraus, darüber, dass Albrecht von Hohenzollern – mit 23 Jahren bereits Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt – eine Art Geschäftsidee hatte, um das von ihm begehrte das Erzbistum Mainz und die damit verbundene Kurwürde zu erhalten. Die kosteten Geld und dies sollten Albrecht dessen willfährige Vollstrecker (darunter der Dominikanermönch Johannes Tetzel) beschaffen. Wie? Genau das war der Plan des jungen Erzbischofs: Der Ablasshandel. Ab sofort konnten sich die Menschen bei ihm Vergebung ihrer Sünden „erkaufen“. Tetzel verfeinerte das System und führte feste „Tarife“ für die Vergebung bestimmter Vergehen ein. So konnte ein Mord mit vier und ein Kirchenraub mit neun Dukaten gesühnt werden.

Martin Luther Grabplatte in Jena – Foto © FSU Anne Günther

Was Martin Luther zur Weißglut trieb: Die Menschen glaubten, keine Sünde sei so groß, dass sie nicht durch Ablassbriefe erlassen werden könnte. Zwar erklärte er, jedem wahrhaft Reuigen gebühre Vergebung auch ohne Ablass, doch man glaubte ihm nicht. Indes wurden die finanziellen Forderung für den Ablass der Sünden immer ärger. Dies auch, weil sich Albrecht beim Bankhaus Fugger in der Hoffnung, den Kredit mit Einnahmen aus dem Ablasshandel begleichen zu können, hoch verschuldet hatte. Deshalb wetterte Luther, es sei unglaublich“…dass bei solchem unermeßlichem Wucher die Welt noch steht.“ Nachdem Kurfürst Friedrich von Sachsen den Ablasshandel Tetzels in Wittenberg verboten hatte, zogen sündige Landeskinder der Ablassbriefe wegen auf brandenburgischem Gebiet. Das provozierte nun endgültig Martin Luthers Protest in Form seiner 95 Thesen. „Man muss die Christen wieder lehren, den Armen etwas zu schenken und den Bedürftigen zu leihen, als Ablaß zu erkaufen.“ – Und das sind einige von Luthers Thesen, die er am 31. Oktober 1517 in Wittenberg an die Schl0ßkirche nagelte:

I. – Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht „Tut Buße“ usw. (Matth. 4,17), hat er gewollt, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll. Dieses Wort kann nicht von der Buße als Sakrament – d. h. von der Beichte und Genugtuung -, die durch das priesterliche Amt verwaltet wird, verstanden werden. Es bezieht sich nicht nur auf eine innere Buße, ja eine solche wäre gar keine, wenn sie nicht nach außen mancherlei Werke zur Abtötung des Fleisches bewirkte. Daher bleibt die Strafe, solange der Haß gegen sich selbst – das ist die wahre Herzensbuße – bestehen bleibt, also bis zum Eingang ins Himmelreich.

II. – Der Papst will und kann keine Strafen erlassen, außer solchen, die er auf Grund seiner eigenen Entscheidung oder der der kirchlichen Satzungen auferlegt hat. Der Papst kann eine Schuld nur dadurch erlassen, daß er sie als von Gott erlassen erklärt und bezeugt, natürlich kann er sie in den ihm vorbehaltenen Fällen erlassen; wollte man das geringachten, bliebe die Schuld ganz und gar bestehen. Gott erläßt überhaupt keinem die Schuld, ohne ihn zugleich demütig in allem dem Priester, seinem Stellvertreter, zu unterwerfen. Die kirchlichen Bestimmungen über die Buße sind nur für die Lebenden verbindlich, den Sterbenden darf demgemäß nichts auferlegt werden. Daher handelt der Heilige Geist, der durch den Papst wirkt, uns gegenüber gut, wenn er in seinen Erlassen immer den Fall des Todes und der höchsten Not ausnimmt.

III. – Unwissend und schlecht handeln diejenigen Priester, die den Sterbenden kirchliche Bußen für das Fegefeuer aufsparen. Die Meinung, daß eine kirchliche Bußstrafe in eine Fegefeuerstrafe umgewandelt werden könne, ist ein Unkraut, das offenbar gesät worden ist, während die Bischöfe schliefen. Früher wurden die kirchlichen Bußstrafen nicht nach, sondern vor der Absolution auferlegt, gleichsam als Prüfstein für die Aufrichtigkeit der Reue. Die Sterbenden werden durch den Tod von allem gelöst, und für die kirchlichen Satzungen sind sie schon tot, weil sie von Rechts wegen davon befreit sind. Ist die Haltung eines Sterbenden und die Liebe (Gott gegenüber) unvollkommen, so bringt ihm das notwendig große Furcht, und diese ist um so größer, je geringer jene ist. Diese Furcht und dieser Schrecken genügen für sich allein – um von anderem zu schweigen -, die Pein des Fegefeuers auszumachen; denn sie kommen dem Grauen der Verzweiflung ganz nahe.

Die geistlichen Empfänger der Thesen reagierten zunächst zurückhaltend auf Luthers Werk, doch Erzbischof Albrecht informierte Papst Leo X. im Dezember des Jahres und bat um eine Zurechtweisung des Wittenbergers. Nachdem dies bekannt wurde, gelangten die Thesen zu Jahresbeginn 1518 an die Öffentlichkeit, wurden in mehreren Städten gedruckt. In nur 14 Tagen verbreiteten sie sich in ganz Deutschland und über die Landesgrenzen hinaus. Obwohl Luthers Thesen ursprünglich nicht für das Volk bestimmt waren, stießen sie hier und auch bei einigen nicht-kirchlichen Gelehrten auf große Zustimmung. Doch waren sie (noch) nicht volkstümlich genug formuliert.

Mehr erfahren Sie in Kürze in Teil 3 unseres Monatsthemas!





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