„List & Nieklauson in der Kritik“: Der SPIEGEL berichtet über ein „dreistes Geschäftsmodell“ von zwei Jenaer Pflegeunternehmern

22.11.17 • AUS DER REGION, INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENA, UNSER JENA & DIE REGIONKeine Kommentare zu „List & Nieklauson in der Kritik“: Der SPIEGEL berichtet über ein „dreistes Geschäftsmodell“ von zwei Jenaer Pflegeunternehmern

Aus der aktuellen Printausgabe des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL Nr 47/2017 vom 18.11.2017:

Stephan Heiland ist Oberarzt einer Palliativklinik und kämpft jeden Tag gegen Elend und Tod. Beruflich versucht er, die Schmerzen seiner unheilbar kranken Patientinnen und Patienten zu lindern, den siechenden Kranken mit neuen Medikamenten zu helfen, Sterbenden die letzten Tage zu erleichtern. Nur verständlich, dass der Erfurter, wenn er nach oft weit mehr als 12 Stunden Dienst nach Hause kommt, von Leiden und Krankheiten abschalten will – auch um neue Energie für seine anspruchsvolle Arbeit aufzutanken. Doch dies ist dem 47-jährigen Oberarzt, der in der Erfurter Hermann-Schmidt-Straße wohnt nicht möglich. Denn wenn Heiland aus dem Fenster seiner Wohnung blickt, dann sieht er oft Rettungswagen, Sanitäter, flackerndes Blaulicht. Er sieht Menschen, die auf einer Trage ins Haus transportiert werden, meistens mit einer Beatmungsmaske auf dem Gesicht.

Und nachts wird der Mediziner häufig durch laute Geräusche wach: Rumpeln im Treppenhaus, Türenschlagen von großen Lieferwagen, aufgeregtes Stimmengewirr. Manchmal sei es so schlimm, berichtet er dem SPIEGEL, „dass ich meine Sachen packe und ins Hotel oder zu meiner Freundin flüchte.“ Und oft, wenn er zurückkehre, so der Oberartzt, hätte ein Leichenwagen vor der Tür gestanden. Der Grund hierfür ist einfach zu erklären: Im Parterre des viergeschossigen Hauses werden rund um die Uhr schwerstkranke alte Menschen gepflegt. Die Einrichtung firmiert als „nicht selbstorganisierte ambulant betreute Wohngemeinschaft“ – eine WG für alte Menschen.

Auch Heilands Nachbarn beklagen die ständige Unruhe im Haus. Carsta-Maria Fleischmann ist sich bewusst, dass es eine Betreuung für schwerstkranke Menschen geben muss, wie sie dem SPIEGEL gegenüber sagt, denn es könne jedem einmal passieren, dass man auf Pflege und Versorgung angewiesen ist. Die Frage sei nur, ob in Innenstädten, in Wohnhäusern der richtige Ort sei, um so etwas zu betreiben, sprich: bettlägrige Todkranke zu betreuen, die nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu versorgen oder zu essen, manche liegen im Koma. „Uns wurde suggeriert, dass da im kompletten Erdgeschoss eine muntere Senioren-WG einziehen werde, mit lustigen Rentnern sozusagen. Aber die Situation war dann eine völlig andere. Es wurden Beatmungspatienten in das Haus gebracht, die rund um die Uhr versorgt werden müssen. Und in den letzten vier Jahren gab es rund zehn Todesfälle“, berichtet Gunner Retzlaff, ein anderer Nachbar aus dem Haus.

Webseite der Linimed GmbH Jena. – Abbildung © MediaPool Jena

Gekauft hatte den Erdgeschosstrakt im Jahre 2013 das Immobilienunternehmen List & Nieklauson. Dieses gehört den Jenaer Pflegeunternehmern Frank List und Kai Nieklauson, die einst auch das alte Arbeitsamt in der Jenaer Fritz-Ritter-Straße erwarben, denen aktuell immer noch das Maxx-Hotel in Lobeda-West gehört und die Pflegeheime über Jena hinaus z.B. in Erfurt oder Passau betreiben und betrieben. Gemeinsam gründeten die beiden 1994 den Phoenix Pflegedienst, der aber schon seit Jahren unter den Initialen von List und Nieklauson als Linimed GmbH firmiert. Lnimed wiederum steht mit weiteren Firmen in enger Geschäftsbeziehung wie JenCare oder JenVital, die dem Grunde nach Ausgründungen der beiden Unternehmer waren. Doch trotz aller Kritik des SPIEGEL: als WG geführte Intensivkrankenpflege in Wohnhäusern zu betreiben ist im Freistaat Thüringen gesetzlich nicht verboten, solange man sich folgenden Geschäftsmodells bedient, das Nieklauson und List perfektioniert haben.

1.) Die Wohnungen gehören einer Privatfirma: hier der List & Nieklauson GmbH. 2.) Angehörige von Todkranken oder diese selbst mieten sich dort ein. Dafür garantiert der Vermieter, dass 3.) eine 24-Stunden-Versorgung gewährleistet ist: hier durch die Linimed GmbH. 4.) Werden Anwendungen oder beispielsweise Beatmungsgeräte benötigt, dann kommen weitere Firmen ins Spiel: hier z.B. JenCare oder JenVital. Alles aus einer Hand – sprich: von einer einzigen Firma – anzubieten, wäre, so schreibt der SPIEGEL, unter Umständen problematisch, weil damit die Qualität einer stationären Unterbringung verbunden sein könnte, mit allen hierfür notwendigen Genehmigungen. So aber erfülle man die in Thüringen notwendige „bauliche, organisatorische und wirtschaftliche“ Eigenständigkeit der WG und so lange man nicht mehr als 12 Patientinnen und Patienten gleichzeitig betreut, ist das ganze Konstrukt nach außen immer noch eine Wohngemeinschaft. Ein lukrative zudem, denn der SPIEGEL schreibt, dass Krankenkassen bis zu 20.000 Euro pro Monat an die WG-Patienten zahlen. Bei 12 Patienten wären dies bis zu 240.000 Euro.

Lesen Sie den ganzen Artikel im neuen SPIEGEL – Ausgabe 47/2017 oder kostenpflichtig HIER bei SPIEGEL Plus.





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