„Mit Messkapsel und Handy gegen Unterzuckerung“: UKJ-Mediziner implantieren erfolgreich Glukosesensor am Oberarm unter die Haut

19.02.18 • JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „Mit Messkapsel und Handy gegen Unterzuckerung“: UKJ-Mediziner implantieren erfolgreich Glukosesensor am Oberarm unter die Haut

Der sogenannte Glukosesensor wird am Oberarm unter die Haut implantiert, die Werte werden an das Smartphone geschickt und über eine App ausgelesen. – Foto © FSU Szabo

(Anne Böttner) – Erstmals haben Mediziner des Universitätsklinikums Jena einem Diabetes-Patienten ein neuartiges Messsystem zur Blutzuckerbestimmung eingepflanzt. Der sogenannte Glukosesensor, der am Oberarm unter die Haut implantiert wurde, kann Unterzuckerung (Hypoglykämie) erkennen, über Vibration alarmieren und so auf den drohenden Zuckermangel aufmerksam machen.

Unterzuckerung ist eine häufige Nebenwirkung bei Diabetikern, die Insulin spritzen, tritt aber auch bei Tabletten auf, die die Insulinproduktion anregen. Insulin senkt den bei ihnen zu hohen Blutzuckergehalt ab. Das kann in Unterzuckerung mit Herzrasen, Kopfschmerzen, Bewusstseinsstörungen bis hin zur Ohnmacht umschlagen – gefährlich zum Beispiel beim Autofahren. Ein Problem sind solche Blutzuckerschwankungen vor allem bei Menschen mit Typ 1-Diabetes. Bei dieser Autoimmunerkrankung kann die Bauchspeicheldrüse kein körpereigenes Insulin mehr produzieren. „Typ 1-Diabetiker nehmen die Anzeichen einer Unterzuckerung nach Jahren der Erkrankung oft nicht mehr oder nicht rechtzeitig wahr“, erläutert Dr. Christof Kloos, Oberarzt im Fachbereich Endokrinologie/Stoffwechselerkrankungen der Klinik für Innere Medizin III. Umso wichtiger sei für sie ein Frühwarnsystem. Das am UKJ implantierte Messgerät eignet sich für diese Patientengruppe.

Handyanzeige des Glukosesensors. – Foto © FSU Szabo

Das gängige Verfahren beim Blutzuckermessen ist für Diabetiker der Piekser in die Fingerkuppe und das Aufbringen eines Bluttropfens auf einen Teststreifen. „Typ 1-Patienten müssen das in der Regel manchmal bis zu zehnmal täglich oder öfter machen“, so der Diabetologe. Trotz der häufigen Messungen werden damit nur punktuelle Werte erfasst, Blutzuckerschwankungen zwischen den Messungen können unerkannt bleiben. Das implantierte Messgerät misst in kürzeren Abständen über 24 Stunden hinweg und gibt so Auskunft über den Gesamtverlauf des Blutzuckerspiegels. Bei einem zu niedrigen Wert vibriert es und der Patient muss Zucker zu sich nehmen, zum Beispiel in Form von Traubenzucker (Glukose). Unterzuckerung kann so besser vermieden und mehr Lebensqualität erreicht werden.

„Neu an dem Verfahren ist, dass die Werte aus dem Sensor an das Smartphone geschickt und dort über eine App ausgelesen werden können“, erklärt Dr. Kloos. Dafür sorgt ein kleines, batteriegetriebenes Übertragungsgerät, das auf der Haut über die implantierte Messkapsel geklebt wird. Via Bluetooth wird es mit dem Handy verbunden – vorausgesetzt, dessen Betriebssystem ist auf dem neuesten Stand. Ein bisschen technikaffin sollten Patienten, die sich dafür entscheiden, also schon sein. Das Verfahren wird nur an spezialisierten Diabeteszentren angeboten. Der Sensor wird unter örtlicher Betäubung in den Oberarm eingesetzt. „Es ist ein reines Messsystem, die Patienten müssen selbst spritzen“, stellt der Oberarzt klar. Wermutstropfen: Die Kapsel kann nur bis zu drei Monaten im Körper verbleiben, danach muss sie in einem neuerlichen Eingriff ausgetauscht werden. Und das lästige Pieksen in die Fingerkuppe entfällt nicht ganz, einmal alle ein bis zwei Tage ist es auch mit Glukosesensor weiter erforderlich.





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