„Zusatzfunktionen entdeckt“: Aktuelle Studie der Universitäten Jena und Gießen belegt räumliche Struktur der Boten-RNA

14.08.18 • JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKommentare deaktiviert für „Zusatzfunktionen entdeckt“: Aktuelle Studie der Universitäten Jena und Gießen belegt räumliche Struktur der Boten-RNA

Bioinformatiker Dr. Markus Fricke ist Erstautor der Studie. Darin wird gezeigt, dass die räumliche Struktur der Boten-Ribonukleinsäuren (engl. Messenger RNA, kurz mRNAs) Einfluss auf die Funktion dieser für die Vervielfältigung von Zellen wichtigen Moleküle nimmt. – Foto © FSU Franziska Hufsky

(FSU) – Über mRNAs wird die genetische Information aus dem Erbgut der Zellen (DNA) in Proteine übersetzt und so für die Zelle nutzbar gemacht. Die Reihenfolge der DNA-„Buchstaben“ (chemisch Basen) in den Boten-RNAs bestimmt die Reihenfolge der Aminosäuren in den Proteinen. Dabei codieren jeweils drei aufeinanderfolgende Basen, Codon genannt, für einen Aminosäure-Baustein des Proteins. Zum Beispiel codiert die Basenfolge G-A-G für die Aminosäure Glutamat und C-G-U für die Aminosäure Arginin. Die aus den Aminosäuren gebildeten Proteine sind dann die eigentlichen Funktionsträger der Zelle.

Allerdings können die Basen der mRNAs auch untereinander wechselwirken. Dabei können zum Beispiel die Basen A und U miteinander paaren oder G mit C. Über die ursprünglich lineare Abfolge ihrer Basen (die Primärsequenz) hinaus kann die mRNA durch solche Basen-Paarungen dann auf einer übergeordneten räumlichen Ebene die RNA-Sekundärstrukturen bilden. Dies warf die Frage auf, ob solche RNA-Sekundärstrukturen nur rein zufällig gebildet werden oder ob sie selbst auch Funktionen haben.

Die Arbeitsgruppe um die Bioinformatikerin Prof. Dr. Manja Marz an der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat in Zusammenarbeit mit apl. Prof. Dr. Michael Niepmann vom Biochemischen Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) die Häufigkeit von bestimmten Basen-Paarungen in allen theoretisch möglichen RNA-Sekundärstrukturen in den mRNAs aller Lebewesen gezählt. „Wir stellten fest, dass diejenigen Basen-Paare tendenziell vermieden werden, bei denen der erste Buchstabe eines Codons mit dem ersten Buchstaben eines anderen Codons paaren müsste“, sagt Prof. Marz. Die Forschenden nehmen daher an, dass die theoretisch möglichen RNA-Sekundärstrukturen in der Natur nicht nur tatsächlich gebildet werden, sondern auch Funktionen haben müssen und deswegen einem Selektionsdruck unterliegen.

Vermutlich sind die Codon-Sequenzen und die mRNA-Sekundärstrukturen im Rahmen einer Co-Evolution entstanden. Denn die an einer möglichen Basen-Paarung beteiligten Basen sind in ihrer Funktion zur Codierung der Aminosäuren wichtig und können nicht einfach geändert werden, nur um Basen-Paarungen in RNA-Sekundärstrukturen zu erlauben. Weiterhin schließen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Ergebnissen, dass der erste Buchstabe der Codons am wichtigsten ist für die Codierung der Aminosäuren – nicht wie bisher oft angenommen der zweite Buchstabe.

Welche Funktionen die mRNA-Sekundärstrukturen haben, ist noch nicht bekannt. „Vorstellbar sind eine allgemeine Stabilisierung der mRNAs oder spezielle Aufgaben bei der Regulation ihrer Aktivität“, so apl. Prof. Dr. Michael Niepmann. „Wir arbeiten nun daran, weitere Erkenntnisse über die möglichen Funktionen solcher RNA-Sekundärstrukturen zu gewinnen.“





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