Pogromnacht 9. November 1938 (II): Stolpersteine und eine Gedenktafel erinnern an Jenas jüdische Opfer der Nazi-Zeit

08.11.18 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENAKommentare deaktiviert für Pogromnacht 9. November 1938 (II): Stolpersteine und eine Gedenktafel erinnern an Jenas jüdische Opfer der Nazi-Zeit

Die Jenaer Stolpersteine erinnern an die deportierten Juden. Foto © Stadt Jena Kudernatsch

(red) – Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ging als „Kristallnacht“ oder „Reichspogromnacht“ in die deutsche Geschichte ein. Dabei wurden viele Hundert Menschen getötet oder in den Suizid getrieben, mehr als 1.400 Synagogen, Betstuben und sonstige jüdische Versammlungsräume in Brand gesetzt sowie tausende jüdische Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe zerstört.

Jenas Stadtarchiv-Leiterin Constanze Mann erläuterte dieser Tage als Mitstreiterin des Jenaer Arbeitskreises Judentum in einem Gespräch mit der Ostthüringer Zeitung OTZ), dass die Judenverfolgung der Nazis schon Tage zuvor ihren Anfang genommen habe. 17.000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit wurden nach Manns Angaben am 28. und 29. Oktober 1938 deutschlandweit verhaftet und gegen ihren Willen nach Polen ausgewiesen.

Mit einer neuen Gedenktafel erinnert der Arbeitskreis an die 14 Jenaer Mitbürger, die 1938 der sog. „Polenaktion“ in Jena zum Opfer fielen. Enthüllt wurde die Tafel Ende Oktober am Haus Schillerstraße 4, das vor 80 Jahren mit der Hausnummer 10 versehen war.

Constanze Mann sagte, man habe nach authentischen Orten für diese Opfer der Nazi-Diktatur gesucht, denn: Von den Messing-Stolpersteinen, die auch in Jena an ermordete jüdische Mitbürger erinnern, gebe es keine für die 14 Betroffenen der „Polenaktion“. Im Zeitungsgespräch erinnerte sie auch daran, dass jene Familien, die „im Prinzip Deutsche“ gewesen seien, die in den Wirren des 1. Weltkrieges ihre Heimat hätten verlassen müssen und in Jena eine neue Heimstadt fanden. Im 3. Reich wurde ihnen jedoch die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert, „mit mehr oder weniger fadenscheinigen Gründen“, da man, wie Frau Dr. Mann es ausdrückte, diese Menschen im Nazi-Deutschland schlichtweg nicht gewollt habe.

Wichtig bleibe ihr der Zusammenhang von „Polenaktion“ und „Reichskristallnacht“, sagte Mann der OTZ. Die Abgeschobenen hätten damals unter unmenschlichen Bedingungen in der deutsch-polnischen Grenzregion ausharren müssen. Um auf diese Zustände aufmerksam zu machen, habe der damals 17-jährige deutsch-polnische Jude Herschel Grynszpan am 7. November 1938 in Paris den Botschaftssekretär Ernst vom Rath niedergeschossen, was für die Reichpropaganda von Minister Joseph Goebbels der Anlass gewesen war, für den 9. November 1938 „Volkszorn zu organisieren“ – Ergebnis war deutschlandweit die Reichspogromnach.

Hintergrund: Im damaligen Wohnhaus Schillerstraße 10 lebten 1938 die Geschäftsfrau Helene Urbach sowie die Familie Anna und Samuel Hammermann mit Tochter Ruth. Die Gedenktafel weist darauf hin, dass zu den betroffenen Jenaer Familien auch Esther und Baruch Reisler mit ihren beiden Kindern, Anna und Aron Scheinok mit ihrer Tochter sowie Marie und Siegmund Schnauzer nebst Tochter gehörten. Auf der Tafel ist vermerkt, dass sich das Schicksal dieser neun Erwachsenen und fünf Kinder im Dunkel der Shoah verliert.





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