Stadtweite Schmierereien und unverhohlene Einschüchterung: Unverschämtheit hat einen Namen und der lautet „SÜDKURVE“

12.11.18 • AUS DER REGION, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, SPORT, START, UNSER JENA, UNSER JENA & DIE REGIONKommentare deaktiviert für Stadtweite Schmierereien und unverhohlene Einschüchterung: Unverschämtheit hat einen Namen und der lautet „SÜDKURVE“


(red + Rainer Sauer) – Um es vorweg zu sagen: Unverschämt ist nicht das Anliegen von Fußballfans aus Jena zur Erhaltung der Südkurve im neu zu bauenden Jenaer Fußballstadion. Unverschämt ist die Art und Weise, wie man derzeit glaubt, dieses Anliegen umsetzen zu können bzw. zu dürfen.

Florian Michaelis, Fanbeauftragter FC Carl Zeiss Jena, und der Südkurven-Rat des FCC sorgten bereits vor einiger Zeit für einen kleinen Eklat, als sie in einem offenen Brief von (Zitat) „einer unterschwelligen Stigmatisierung der aktiven FCC-Anhängerschaft“ sprachen und zum offiziellen Stadionbeauftragten der Stadt Jena, Martin Berger, erklärten: „Von Neutralität und Ehrlichkeit ist Herr Berger (…) sehr weit entfernt. Wir reden hier ganz klar von einem Wort- und Vertrauensbruch. (…) Gemessen an der vielschichtigen Bedeutung des Projektes ist ein solches Vorgehen nicht zu akzeptieren.“ Brutal ehrlich heißt es am Ende des offenen Briefs: „Es kann kommen was und wer will. Nichts und Niemand nimmt uns die Südkurve – aus unzähligen guten Gründen! Wer es versucht, der scheitert.“

Im Moment kocht das Thema wieder hoch, denn aus dem Finanzbereich der Stadt Jena – auch hier trägt Martin Berger Verantwortung – kam vor Kurzem die sinngemäße Mitteilung „Kein Extra-Geld für Südkurvenerhalt – FCC-Fans sollen auf die Nordtribüne umziehen“. Nun hat man sich vielerorts zwischen Bad Berka und Gera, Naumburg und Rudolstadt sowie im gesamten Stadtgebiet von Jena daran gewöhnt, dass Elektroschaltkästen (ungefragt und ungenehmigt) mindestens mit den blau-weiß-gelben Vereinsfarben des FC Carl Zeiss Jena verziert und Brückenportale oder Hauswände mit „Horda…“ und Südkurven-Botschaften beschmiert werden. Dies ist Sachbeschädigung und man denke, was FCC-Fans sagen würden, sofern die sanierte Zeiss-Linse vom Jenaer Stadionturm von Dritten ähnlich „verziert“ werden würde.

Zwei verunstatete Mauern in Jena – Bildrechte: LPI Jena

Nach der aktuellen Mitteilung aus der Stadtverwaltung und der unmissverständlichen Fan-Botschaft „Nichts und Niemand nimmt uns die Südkurve!“ findet man aber derzeit an allen Ecken und Enden Jenas auf Hauswänden neue „Südkurven“-Textbotschaften und seit neuestem schwarze Plakataufkleber mit der Botschaft „14.11. / Südkurve bleibt“ – letztere versehen mit dem Logo des Fußballclubs und alles wieder einmal illegal und ungenehmigt. An der Tatzendpromenade wurden an eine Hauswand über 21 qm geich mehrere „Südkurve“-Verzierungen gesprüht, in der Johann-Friedrich-Straße eine historische Natursteinmauer verunstaltet, um den Kollegienhof wurden Gebäude und Baudenkmale beschmiert und im Paradies das erst vor kurzem liebevoll renovierte Glashaus. Der Sachschden geht inzwischen in die Tausende.

Um was geht es? Am kommenden Mittwoch, den 14. November 2018, tagt der Jenaer Stadtrat in seinem nichtöffentlichen Teil u.a. zum mehr als 50 Millionen Euro teuren Stadionprojekt. Dieses wird aus öffentlichen Geldern gestemmt und soll von einem privaten Investor zum Teil vorfinanziert werden. Hierbei werden Oberbürgermeister Dr.  Thomas Nitzsche und seine Finanzverwalter bei den Stadträten um Zustimmung werben, bei den weiteren Planungen nur noch in der Variante „Keine Südkurve für die Heimfans“ planen zu dürfen. Der Grund: der Erhalt des Heimfan-Blocks im Süden würde das Projekt nochmals verteuern und eine Haushaltsgenehmigung für die Stadt Jena in noch weitere Ferne rücken lassen.

Für FDP-Fraktions-Stadtrat Prof. Dr. Clemens Beckstein ist bezüglich der Schmierereien und der schwarzen Plakataufkleber mittlerweile sozusagen „Schluss mit lustig“. In einer ausführlichen Stellungnahme gegenüber der Ostthüringer Zeitung (OTZ) schrieb er, er könne es ja verstehen, dass sich die Südkurvenfans lautstark Gehör dafür verschaffen wollen, „dass ihnen der vor der Auslieferung stehende teure Mercedes noch nicht geil genug ist und sie stattdessen auf jeden Fall sogar einen Porsche wollen.“ Was ihn jedoch erbost habe, sei die Tatsache, dass ihm kurz vor der entscheidenden Stadtratssitzung eine handgeschriebene Postkarte in den privaten Briefkasten eingeworfen wurde, auf der sinngemäß zu lesen sei: „Sehr geehrter Herr Dr. Beckstein, auch ohne Doktortitel ist klar: Südkurve bleibt.“ Das klingt für ihn doch sehr nach der aus Fußballspielen bekannten Drohung „Schiri, ich weiß, wo Dein Auto steht“, schrieb der FSU-Informatik-Professor. Ähnliche Postkarten sollen auch anderen Stadträte zugegangen sein.

Aktion von „Südkurve bleibt“ vor dem Jenaer Rathaus – Symbolfoto © MediaPool Jena

Auf Rückfrage der OTZ erklärten Fan-Vertreter der Südkurve, das sie mit der Urheberschaft für die „Südkurven“-Schmierereien und die Beklebungs-Aktionen nichts zu tun hätten. Zu den Postkarten gibt es noch keine Aussage, jedoch folgendes Statement: „Uns überraschte es (…) sehr, als Anfang November 2018 verkündet wurde, die Südkurve für FCC-Fans sei im Ausschreibungsprozess für ein neues Stadion keine Option mehr. Wir sehen das definitiv anders und fordern daher den Stadtrat der Stadt Jena auf, sich am 14. November 2018 bei der an diesem Tag stattfindenden Stadtratssitzung unmissverständlich und endgültig zur Südkurve zu bekennen!“

Ärger für die „Südkurven“-Fans braut sich aber auch in Jena-West und Jena-Süd zusammen, nachdem in mehreren Straßen an vielen Stellen Aushänge und Hinweistafeln von Geschäftsleuten beklebt wurden. Ärger deshalb, weil die Plakat-Aufkleber, wenn überhaupt, nur mühsam abzukratzen, die eigentlichen Dinge kaum noch zu lesen und Schilder, die neu gemacht werden müssen, teuer sind. An der Eisenbahnbrücke nahe der früheren Kinderklinik wurde gar quer über die Straße ein Transparent gespannt. Dessen Botschaft wundert kaum: „Südkurve bleibt“. Es gibt sogar Berichte darüber, dass in der Johann-Friedrich-Straße Anhänger der Südkurve in ein Privatgrundstück eingedrungen waren um dort Mülltonnen zu bekleben.





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