Stellungnahme der Stadt Jena zur Einstellung des Verfahrens zum Vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Hotel am Planetarium“

10.04.19 • JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENAKommentare deaktiviert für Stellungnahme der Stadt Jena zur Einstellung des Verfahrens zum Vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Hotel am Planetarium“

Blick vom Jentower auf das Damenviertel mit dem Planetarium – Foto © MediaPool Jena

(Stadt Jena) – Die Stadtverwaltung hält an der Einstellung des Verfahrens zum Vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Hotel am Planetarium“ fest. Folgende Gründe benennt sie in einer aktuellen Stellungnahme hierzu:

Bereits sehr frühzeitig im Verfahren zeichnete sich ab, dass für den Hotelneubau unmittelbar hinter dem Planetarium keine denkmalfachliche Befürwortung in Aussicht gestellt werden kann. Vom Landesamt für Denkmalschutz und Archäologie wurde mehrfach – unter anderem in einer Stellungnahme vom 11.07.2017 – geäußert, dass ein Hotelneubau am angedachten Standort eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes und Wesens des international bedeutsamen Kulturdenkmals „Zeiss-Planetarium“ darstelle. Insbesondere würde das Charakteristikum eines Solitärbaus bis zur Unkenntlichkeit aufgelöst und nahezu umgekehrt. Darüber hinaus würden durch die geplante Baumaßnahme weitere eingetragene überregional bedeutsame Kulturdenkmale, so der Botanische Garten, das Griesbachsche Gartenhaus mit dem umgebenden englischen Landschaftsgarten, die Mensa als auch das Damenviertel als Denkmalensemble erheblich in ihrer stadträumlichen Wirkung beeinträchtigt werden.

Die Friedrich-Schiller-Universität wies parallel auf ungelöste Fragestellungen bezüglich der Auswirkungen der Baumassen und Verortung auf die Belange des Botanischen Gartens hin. Darüber hinaus lagen frühzeitig Hinweise auf noch zu bewältigende umweltbezogene Themen vor, darunter Baugrund/ Grundwasserabsenkung (Auswirkungen Botanischer Garten), die Bebauung in einem Kaltluftabflussbereich sowie schallseitige Auswirkungen der Tiefgaragenein- und ausfahrt.

Der Baukunstbeirat der Stadt Jena mahnte zudem an diesem besonders sensiblen Standort eine hohe architektonische Qualität an und empfahl, wie auch die Verwaltung, die Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens. Ein Wettbewerb wurde durch die EAS jedoch nicht beauftragt. Das Projekt wurde zwar in Teilen überarbeitet, die Erstellung eines Vorentwurfes zum VBB „Hotel am Planetarium“ mit den notwendigen Gutachten erfolgte aber bislang nicht, so dass bisher keinerlei formelle Verfahrensschritte, weder eine frühzeitige Öffentlichkeits- noch eine Trägerbeteiligung, erfolgen konnten. Die dazu erforderlichen Unterlagen wurden der Stadt ebenfalls nicht vorgelegt.

Insgesamt wird durch die Stadtverwaltung eingeschätzt, dass die insbesondere durch das Landesamt für Denkmalschutz und Archäologie vorgetragenen Bedenken auch bei einer Überarbeitung des Projektes nicht überwunden werden können und für das Verfahren keine Aussicht auf Genehmigungsfähigkeit zu konstatieren ist. Darüber hinaus ist für die Stadtverwaltung kein Lösungsansatz zu erkennen, damit die betroffenen Belange bezüglich des Stadtbildes, der notwendigen Eingriffe in den Grün- und Freiraum und der betroffenen Nachbarn (Botanischer Garten) sachgerecht abgewogen werden können.

Zum rechtlichen Hintergrund: § 12 Abs. 1 BauGB benennt als wesentliches Merkmal für die Anwendung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes eine zeitnahe Umsetzung. Eine zeitnahe und erfolgreiche Umsetzung scheint jedoch unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr möglich. Daher entfällt die ursprüngliche Grundlage für die Anwendung des Instrumentes eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes. Aus gegenwärtiger Sicht bestehen für das eingeleitete Planverfahren nicht überwindbare Hürden, für die keine zeitnahe Lösung zu erwarten ist. Eine Aussicht auf eine Genehmigungsfähigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes besteht nicht. Zum grundsätzlichen Zweck eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahren als öffentlich-rechtlicher Vorgang sei auf die entsprechende Formulierung des Einleitungsbeschlusses vom 27.09.2016 verwiesen: „Der Einleitungsbeschluss stellt den Start für das förmliche Planverfahren dar, in dessen Zuge die vorgeschriebene Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgen wird.“ Diese wurde in den vergangenen zweieinhalb Jahren nicht begonnen.

Aufgrund der aktuellen Debatte wurden weitere Stellungnahmen eingebracht: Die Leitung der Universität hat u.a. am 05.04.2019 schriftlich mitgeteilt, dass es keinen mit der Universität abgestimmten Entwurf gibt. Weiterhin wurde bedauert, dass dem sehr frühen Wunsch, der Einbeziehung externer Städteplaner und Architekten, nicht gefolgt wurde. Zuletzt wurde die Einschätzung übermittelt, dass aus eigener Befassung der FSU heraus die Lösung der grundsätzlichen Denkmalschutzfragen in dem Projekt nicht zu erwarten sind.

Vom Landeskonservator wurde am 08.04.2019 erneut schriftlich auf die vielschichtigen denkmalschutzfachlichen Probleme hingewiesen. Es wurde weiterhin bestätigt, dass sich die fachliche Position nach wie vor mit der Jenaer Denkmalschutzbehörde inhaltlich deckt und sich folgendes zusammenfassendes Fazit ziehen lässt: Eine Bebauung, die über die Baumassen des bestehenden Anbau an das Planetarium deutlich hinausgehen würde, ist aus Sicht der Denkmalfachbehörde aus Gründen der städtebaulichen Denkmalpflege und in Hinblick auf die besondere baugeschichtliche Bedeutung des Planetariums und der mit seiner Errichtung verbundenen gestalterischen und stadtplanerischen Intentionen nicht vorstellbar.

Alles in allem liegt jedoch weiterhin die grundsätzliche Bereitschaft der Stadtverwaltung vor, sich konstruktiv an der Weiterentwicklung dieses Areals zu beteiligen und darauf hinzuwirken, dass alle Beteiligte in einem transparenten Prozess eingebunden werden. Es besteht von allen Seiten einen hohes Interesse daran, mögliche Synergien zu nutzen, auch wenn sich im bisherigen Verfahren zeigte, dass die ursprünglich geplante Bebauung und Nutzung im Plangebiet nicht realisierbar ist. Wenn vom Vorhabensträger der Wille zur grundsätzlichen Fortführung des Projektes in deutlich anderer Form bestehen sollte, könnte ein möglicher Weg das Ausweichen der für einen Hotelbetrieb nötigen größeren Baumassen außerhalb des bisherigen Plangebietes sein. Der hohen Bedeutung des Areals angemessen, wird die Stadt sicherstellen, dass hierbei sowohl Denkmal- wie auch Umweltschutzbelange von vornherein zwingende Berücksichtigung finden.





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