„700 Meter ohne Bauwerksreste“: Neue geoarchäologische Studie zum Kanal Karls des Großen belegt, dass der mittelalterliche Schifffahrtsweg nie vollendet wurde

14.01.18 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „700 Meter ohne Bauwerksreste“: Neue geoarchäologische Studie zum Kanal Karls des Großen belegt, dass der mittelalterliche Schifffahrtsweg nie vollendet wurde

Leipziger Wissenschaftler und Geographiestudenten bei der Durchführung von geoarchäologischen Rammkernsondierungen am Karlsgraben.. – Foto © Andreas Kirchner

Vor über 1.000 Jahren wollte Kaiser Karl der Große einen durchgehenden Schifffahrtsweg vom Rhein zur Donau schaffen. 792/793 n. Chr. wurde das Verkehrsprojekt, das als eines der bedeutsamsten des Frühmittelalters in Zentraleuropa gilt, in Angriff genommen. Der sogenannte Karlsgraben liegt am Fuß der Südlichen Frankenalb in Mittelfranken. Das ambitionierte Projekt ist in seinen Dimensionen mit modernen Großprojekten wie dem Panama-Kanal oder dem Berliner Flughafen vergleichbar. Und wie bei diesen Projekten gab es auch damals Verzögerungen und technische Probleme. Aktuelle Forschungen eines Teams aus Leipzig, Hildesheim, Jena, Kiel, Berlin und München haben nun bewiesen, dass das Vorhaben Karls des Großen gescheitert ist und verschiedene Teile des Kanals nicht vollendet wurden.

Seit Jahrzehnten wurde die Frage kontrovers diskutiert, ob der südliche Anschluss des Karls­grabens an die Altmühl und damit an das Donaueinzugsgebiet fertiggestellt war. Nur mit diesem Anschluss wäre eine Befahrung des Kanals möglich gewesen. Durch modernste geophysikalische, archäologische und physisch-geographische Untersuchungen ist es dem Forscherteam gelungen, mit neuen Erkenntnissen diese und weitere Fragen zu beantworten. Die im renommierten Fachmagazin „Quaternary International“ publizierten Forschungen belegen, dass sich der Flussverlauf der Altmühl seit der Karolingerzeit nur geringfügig verändert hat. Auf einer Strecke von mindestens 700 Metern zwischen den nachweisbaren Resten des Kanals im Ort Graben und der Altmühl gibt es jedoch keinerlei Spuren eines schiffbaren Kanals. Das Autorenteam um Prof. Dr. André Kirchner (Universität Hildesheim), Prof. Dr. Christoph Zielhofer (Universität Leipzig) und Dr. Lukas Werther (Friedrich-Schiller-Universität Jena) kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Bau in diesem Bereich unvollendet blieb.

Nichtsdestotrotz ist der Karlsgraben eine der bemerkenswertesten Ingenieurleistungen des Frühmittelalters. Die seit 2012 laufenden Forschungen im Rahmen eines Schwerpunktpro­gramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben gezeigt, dass Teile des Bau­werks weitgehend fertiggestellt und vermutlich funktionsfähig waren. Andere Abschnitte, wie der Kanalanschluss an die Altmühl, wurden dagegen nicht zu Ende gebaut, so dass der Kanal nie als Ganzes befahrbar war. Erst mehr als 1.000 Jahre später gelang es im 19. Jahr­hundert mit dem Ludwig-Donau-Main-Kanal, die Idee Karls des Großen erfolgreich zu Ende zu bringen.

Die Forschungen am Karlsgraben werden auch 2018 fortgesetzt, um noch offene Fragen an das außergewöhnliche Bauwerk zu beantworten.





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