Der 131. bis 135. Verhandlungstag im Münchner „NSU“-Prozess

20.08.14 • JEZT AKTUELL, STARTKeine Kommentare zu Der 131. bis 135. Verhandlungstag im Münchner „NSU“-Prozess

JEZT - INSIDE NSU - Teaser

Zusammengestellt von Annett Szabo und Tim Schwarz:

29.07.2014 = Der 131. Verhandlungstag

Nach den Wirren der Woche zuvor, als die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ihre drei Pflichtanwälte los werden wollte, kehrte in dieser Verhandlungswoche mit den Tagen 131, 132 und 133 des „NSU“-Prozesses so etwas wie Routine in den Münchner Gerichtssaal zurück. Zschäpe ließ sich auf der Anklagebank sogar die von ihren hass-geliebten Anwälten mitgebrachten Gumminbärchen schmecken, wie die BILD-Zeitung bemerkte.

Im Verlauf der Befragung eines Richters beim Karlsruher BGH durch den in München Vorsitzenden Richter Manfred Götzl „schmeckte“ dessen Befragung eines Karlsruher Berufskollegen Zschäpes Anwalt Wolfgang Stahl offenbar überhaupt nicht. Der von Götzl befragte Richter, Dr. Wolfgang S., hatte den „NSU“-Helfer und zugleich Anmieter einer „NSU“-Wohnung in Zwickau, Matthias D., im Jahre 2011 vernommen, um darüber zu entscheiden, ob bei D. Untersuchungshaft anzuordnen sei und der Vorsitzende Richter des OLG München befragte Dr. Wolfgang S. verschiedenen Passagen aus dem Vernehmungsprotokoll.

Noch während der Befragung beantragte Zschäpes Verteidiger eine Unterbrechung der Verhandlung für mehrere Stunden, damit seine Mandantin Zeit bekomme „um einen nicht zu verschiebenden Antrag zu formulieren“, wie er es ausdrückte. Nach der Mittagspause ließ RA Wolfgang Stahl dann die Katze aus dem Sack: Seine Mandantin, Beate Zschäpe, lehne den Senat und seine Vertreter ab wegen Besorgnis der Befangenheit, erklärte er. Der Grund seien Vorhaltungen des Vorsitzenden Richters aus dem Vernehmungsprotoll gegenüber seinem Richterkollegen vom BGH, die „eine voreingenommen Vorauswahl zu Ungunsten der Angeklagten“ darstellen würden.

30.07.2014 = Der 132. Verhandlungstag

Der 132. Verhandlungstag brachte die Vernehmung einer Frau, die Ende der 1990er Jahre der Punkerszene in Jena angehört hatte. Die Studentin Maria H. sagte aus, Beate Zschäpe habe sie 1996 in Jena-Winzerla an der Endstation der Straßenbahn so geschubst, dass sie zu Boden gegangen sei und sich einen Fuß gebrochen habe. Danach habe sich Zschäpe auf ihren Rücken gesetzt und sie gezwungen zu sagen: „Ich bin eine Potte“. Was das Wort „Potte“ bedeuten soll, konnte die Zeugin nicht erläutern, aber dass die in München Hauptangeklagte Beate Zschäpe die Täterin war, dies sei aus Sicht von Maria H. „nicht anzuzweifeln“.

Zu belegen sind ihre damaligen Verletzungen anhand eines ärztlichen Vermerks, die Polizei konnte allerdings seinerzeit keinen Täter ermitteln. Die Geschichte von Steffi S. klang vor Gericht einerseits angesichts dessen, was seinerzeit in Jena und speziell in der „national befreiten Zone“ Jena-Winzerla geschah, plausibel. Andererseits blieb unklar, ob die Erlebnisse damals evt. die Zeugin so geprägt hatten, dass es sie nun drängt, Beate Zschäpe zu belasten. Vielleicht weil die Tat zu ihr passen könnte und die Medien mittlerweile ausführlich berichtet hatten, dass Zschäpe vor dem Gang in den Untergrund in der rechten Szene in Jena aktiv war. Denn irgendwelche Belege dafür, dass die in München Hauptangeklagte tatsächlich die Täterin des Jahres 1996 war, gibt es nicht und auch die Zeugin konnte keine solchen Belege liefern.

JEZT - RADIO LOTTE Mediathek zum NSU Prozess31.07.2014 = Der 133. Verhandlungstag

Das OLG München gab am Anfang des Tages bekannt, dass Richter eines anderen Senats am Oberlandesgerciht den Befangenheitsantrag gegen den Strafsenat angelehnt hätten. Begründung: Zschäpes Verteidiger hätten jede Möglichkeit gehabt, dem betreffenden Zeugen selbst alle Fragen zu stellen. Die Verhandlung wurde daraufhin wie geplant fortgesetzt.

Dabei räumte ein BKA-Beamter als Zeuge eine Ermittlungspanne ein, die sich auf die Auswertung von DNA-Spuren auf einer Überwachungskamera, die das „NSU“-Trio in seiner Wohnung in Zwickau installiert hatte, bezog. Diese schien zu einem mutmaßlichen Terrorhelfer der „NSU“ zu passen. Allerdings, so der Zeuge, habe sich später herausgestellt, dass diese Spur tatsächlich von einem Labormitarbeiter der Polizei stammte und die Verdächtigung unberechtigt war.

Bei der Vernehmung des Mannes hatte der Beschuldigte gleichwohl eingeräumt, dem Trio bis vor dessen Untertauchen im Februar 1998  TNT-Sprengstoff geliefert zu haben. Er sei außerdem damals kurze Zeit mit Beate Zschäpe liiert gewesen, hatte er ausgesagt. Laut der Ermittlungsakte gehörte er seinerzeit der radikalen Chemnitzer Skinheadgruppe „88er“ an.

05.08.2014 = Der 134. Verhandlungstag

Das Gericht hatte sich am 134. Tag im „NSU“-Prozess erneut mit der Beschaffung der Mordwaffe Ceska 83 zu beschäftigten, mit der neun Migranten ermordet worden waren. Als Zeuge geladen war Jürgen L. aus Jena, der die Pistole aus der Schweiz erhalten und an einen Bekannten weitergegeben haben soll. Die ist inzwischen wohl zu gut wie sicher belegt, bei seiner Vernehmung stritt L. jedoch jegliche Beteiligung ab und versuchte stattdessen, Richter Manfred Götzl zu reizen, was ihm jedoch nicht gelang.

So bezeichnete sich der – in der damaligen rechten Szene durchaus bekannte – Zeuge selbst als “politisch neutral”, monierte jedoch den Umgang von Bundesanwaltschaft, Bundeskriminalamt oder der Presse mit ihm. Er sei „schließlich ein Zeuge“, sagte L., und zeigte sich erbost darüber, dass „Behörden wie das Bundeskriminalamt“ die Protokolle seiner eigenen Aussagen manipuliert hätten. Nach Jürgen L.s Version der Wahrheit ist sicher, „dass ich kein Unterstützer des Trios war“. Allerdings konnte der Zeuge vor Gericht keinerlei Belege dafür liefern, die seine Glaubwürdigkeit untermauerten oder belegten, dass er mit der Beschaffung der Ceska 83 nichts zu tun hatte,. So konnte sich L. noch nicht einmal mehr daran erinnern, dass die Jenaer Polizei im Jahr 1991 eine andere Schusswaffe bei ihm entdeckt hatte.

06.08.2014 = Der 135. Verhandlungstag

Die Sitzung des OLG München war die letzte vor der Sommerpause. Zwei Polizisten hörte das Gericht an diesem Tag zum Komplex des Mordes an Halit Yozgat aus Kassel aus dem Jahre 2006 an, bei dem der damalige Verfassungsschützer Andreas T. mit anwesend war, hiervon aber nichts mitbekommen haben will.

Der erste Zeuge hatte im Bereich des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz ermittelt, außerdem den mittlerweile ausgereisten Tatzeugen Hamadi S. vernommen. Der zweite Beamte hatte Recherchen zu einzelnen Mitarbeitern der Behörde angestellt. Neue Erkenntnisse gab es bei den Befragungen nicht; im Wesentlichen bestätigte sich durch die Aussagen der Zeugen das, was zuvor schon über den Mord an Yozgat und die Ermittlungen hierzu bekannt war,

Am Schluß dieses Prozesstages sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, dass sich das Gericht bis zum 5. September 2014 vertagt.

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