„Thüringer Schande“: Schmöllner Bürger ermunterten minderjährigen Flüchtlingsjungen zum Suizid

22.10.16 • AUS DER REGION, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, STARTKeine Kommentare zu „Thüringer Schande“: Schmöllner Bürger ermunterten minderjährigen Flüchtlingsjungen zum Suizid

JEZT - Thueringen Radar - Grafik © MediaPool Jena

Radio Jena Newscontainer Logo 230Im ostthüringischen Schmölln ist es Freitagnachmittag zu einer unbeschreiblichen Tragödie gekommen. Im Plattenbaugebiet „Heimstätte“ stürzte sich ein 15-jähriger psychisch kranker Somalier aus einem Fenster eines Fünfgeschossers in den Tod.

Rund eine Stunde versuchten sowohl die Rettungskräfte als auch seine Betreuer vergeblich auf den auf dem Fensterbrett sitzenden Jugendlichen einzureden und diesen von seinem Vorhaben abzubringen. Unfassbar schändlich: Wie der MDR berichtete verfolgte eine ganze Reihe von Schaulustigen die Tragödie und einige von diesen Menschen ermunterten den Somalier mit Rufen wie „Spring doch“ dazu, in die Tiefe zu springen.

Das Meuselwitzer Bildungszentrums MBZ betreibt in der „Heimstätte“ gleich gegenüber der Schmöllner Ostthüringenhalle eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Der 15-jährige Jugendliche aus Afrika kam am 25. April 2016 in die Obhut Jugendamtes, da hinter ihm eine wahre Fluchtodyssee gelegen habe, die ihn aus Somalia über den Sudan, die Sahara und über das Mittelmeer nach Europa geführt hatte. Mit den Worten „Er war traumatisiert und hatte psychische Probleme“ beschrieb Schmöllns Jugendamtschef Dirk Nowosatko die Situation und ergänzte: „Er konnte sehr ausgeglichen und integriert sein, aber manchmal auch sehr aggressiv gegen sich, Gegenstände, Betreuer oder Mitbewohner“. Deshalb sei er am Donnerstag in die Kinder- und Jugendpsychiatrie des Landesfachkrankenhauses nach Stadtroda gebracht worden, konnte jedoch am Freitag, als sich seine seelische Situation wieder stabilisiert habe, von einem der in Schmölln beschäftigten Betreuer abgeholt wurde.

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Weshalb der minderjährige Jugendliche etwa eine Stunde nach seiner Rückkehr in rund 15 Metern Höhe auf dem Fensterbrett seines Zimmers im fünften Stock des Plattenbaus gesessen und seinen Suizid angedroht habe, ist derzeit noch unklar. Der Notarzt sowie eine Betreuerin kamen in sein Zimmer, in dem er einzeln untergebracht war, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Derweil versuchten die Rettungs- und Hilfsdienste auf der Straße ein Sprungtuch auszubreiten. Das Ringen um das Leben des jungen Mannes verfolgten eine ganze Reihe von Schaulustigen aus dem Plattenbaugebiet. Diese machten Fotos und nahmen Videos auf, die schnell die Runde in diversen sozialen Medien machten. Sie sollen den jungen Mann auf dem Fensterbrett sitzend zeigen. „Dagegen werden wir mit aller Konsequenz vorgehen“, kündigte der fassungslose Jugendamtsleiter an.

Gegen 15 Uhr kam es dann zu der Tragödie, als der 15-Jährige sich in die Tiefe stürzte, neben dem bereitgestellten Sprungtuch aufprallte und kurze Zeit aufgrund schwerer innerer Verletzungen verstarb. Damit sowohl die jugendlichen Mitbewohner, die Betreuer und die eingesetzten Rettungskräfte diese traumatischen Erlebnisse besser verarbeiten können, wurde umgehend psychologische Hilfe bereit gestellt, die bei Bedarf in Anspruch genommen werden kann, wie der stellvertretende Landrat Bergmann sagte. Zum genauen Hergang der Tragödie und den Rufen mit der Aufforderung „Spring doch“ hat die Staatsanwaltschaft Gera die Ermittlungen übernommen.


Hinweis: Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sprechen Sie bitte mit anderen Menschen darüber. Hier finden Sie – auch anonyme – Hilfsangebote in vermeintlich ausweglosen Lebenslagen. Per Telefon, Chat, E-Mail oder im persönlichen Gespräch.





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