Sieben Thesen, wie die Akzeptanz und Nachhaltigkeit der digitalen Entwicklung sichergestellt werden kann

28.01.17 • FREIZEIT & GARTEN, INFOS FÜR STUDIERENDE, INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu Sieben Thesen, wie die Akzeptanz und Nachhaltigkeit der digitalen Entwicklung sichergestellt werden kann

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JEZT - Meine Vision - 207x70 - Logo © MediaPool JenaAchim Friedland, Jens Kubieziel und Bastian Stein sind drei technikbegeisterte Menschen aus Jena und sie haben gestern ihre Vision für eine digitale Stadt der Öffentlichkeit und der Presse vorgestellt.

Mit sieben Thesen werben sie für eine Digitalisierung, die bürgerfreundlich und bürgernah geschieht. Das alles auch für den Wettbewerb „Digitale Stadt“, an dem sich Jena einwohnerzahlbedingt als einzige Stadt aus dem Freistaat beteiligen kann. Durchgeführt wird er von der Digitalvereinigung Bitkom in Kooperation mit dem Deutschen Städte- und Gemeindetag. – Dies sind die sieben Thesen von Friedland, Kubieziel und Stein:

1. Ziele vor Technik

Neue Technologien werden eingesetzt, noch bevor sie vollständig verstanden wurden. Vielfältige Interessen beschleunigen den Trend zur Digitalisierung. Oft sind Geschäftsinteressen Vorreiter auf der Suche nach einem sich entwickelnden Markt. Wir verstehen Digitalisierung einer Stadt aber als Politikansatz. Die Entscheidung für neue Technologien und Prozesse muss den Nutzen von Bürgerinnen und Bürgern in den Vordergrund stellen. Um Gemeinwohlinteressen zu dienen und nicht Technologie um ihrer selbst Willen zu nutzen, sind klar definierte Ziele notwendig. Es ist nicht entscheidend, ob eine integrierte Strategie zuerst erarbeitet oder das Thema nach und nach erschlossen wird. Wichtig ist stattdessen die konsequente Orientierung an den Zielen der Stadtentwicklung. Wir müssen Abhängigkeiten von Technologie- oder Service-Anbietern vermeiden. Digitale Prozesse müssen angepasst, verbessert oder aufgehoben werden können. Anbieter von Technologien und Leistungen müssen ersetzbar sein. Die Stadt braucht hierfür insbesondere ausreichend eigenes digital kompetentes Personal.

2. Freier Diskussionsraum und Beteiligung

Der technologische Wandel erzeugt Digital Natives und Digital Outsiders. Deshalb muss die Akzeptanz und Nachhaltigkeit der digitalen Entwicklung besonders sichergestellt werden. Bereits bei der Strategieentwicklung (Ziele und Mittel) ist die Nutzung von ausreichenden Bürgerbeteiligungsverfahren wichtig. Das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Meetups und lokalen Unternehmen kann hierbei genutzt werden. “Offline” Beteiligungsformate können dadurch gestärkt, aber nicht ersetzt oder eingespart werden. Wir müssen einer Spaltung in einen digitalen professionellen Teil und einen abgehängten Teil der Gesellschaft entgegenwirken und für kritische Stimmen offen bleiben.

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3. Offene Standards in Technik und Governance

Offene Standards verringern nicht nur Abhängigkeiten von digitalen “Insellösungen”, welche teuer und schwer zu ersetzen sind, sondern ermöglichen es erstmals auch bislang unabhängige Themengebiete zu vernetzen und somit vollkommen neue Ideen und Innovationen auszuprobieren und umzusetzen. Offene Standards ermöglichen darüber hinaus die Beteiligung und Kooperation mit und zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und anderen Kommunen. Auch Weiterentwicklung und Skalierung digitaler Lösungen sind hierdurch einfacher. Wo es möglich ist, sollten deshalb Datenformate und freie Software eingesetzt werden. Fehler lassen sich schneller erkennen und -vor allem- einfacher korrigieren.

4. Transparenz und Fehlerkultur

Transparenz ist Grundlage für Akzeptanz, Open Innovation und Schutz vor Fehlern. Transparenz und Reaktion auf Rückmeldungen ist in einem schnell entwickelnden Innovationsprozess besonders entscheidend. Transparenz benötigt aber auch Fehlerkultur. Wir müssen mutig sein und Fehler machen dürfen. Wenn wir Fehlentwicklungen entdecken und korrigieren können, dann dürfen wir auch Fehler machen.

5. Digitale Kultur und Inspiration

Eine digitale Kultur fördert Akzeptanz, Kompetenz und Lernen einer digitalen Stadt. Digitale Kultur lässt eine Gesellschaft leichter mitentwickeln und zur digitalen Entwicklung beitragen. Wir müssen diese digitale Kultur fördern und unterstützen. Fördern lässt sich digitale Kultur u.a. durch Wettbewerbe, Hackathons, Bürgerwerkstätten, aber auch Zugang zu schnellem Internet für Mensch und Maschine, jederzeit und überall. Das Konzept des City Visions Festival 2015 lässt sich weiterentwickeln. Auch können sich Bürgerinnen und Bürger innerhalb von Projekten aktiv beteiligen und eine digitale Kultur ausleben, z.B. durch Kommunizieren und Visualisieren eigener und städtischer Sensordaten.

6. Öffentliche Daten nützen und privater Daten schützen

Daten sind wertvoll. Das wirtschaftliche Interesse an Daten ist enorm. Öffentliche Daten dürfen jedoch nicht privatisiert werden, denn sie sind unser wertvollstes Allgemeingut. Öffentliche Daten sollten frei und in einem offenen Format zur Verfügung gestellt werden. Dem widerspricht nicht, wenn Rohdaten speziell aufbereitet werden, Ergebnisse nur gegen Entgelt oder Gebühr bereitgestellt werden (sog. Freemium-Modelle). Private Daten sind jedoch unbedingt zu schützen! Wollen wir im staatlichen und hoheitlichen digitale Anwendungen und Kommunikation ermöglichen, dann ist der Schutz und verantwortungsvolle Umgang mit privaten Daten wie z.B. aus finanziellen oder gesundheitlichen Verhältnissen, nicht nur unumgänglich, sondern Kernaufgabe einer intelligenten Stadt.

7. Digitale Sicherheit

Das bedeutet, dass digitale Sicherheit höchste Priorität genießen muss. Die zunehmende Vernetzung von Mensch und Maschine machen uns auch angreifbar, z.B. durch organisierte Kriminalität. Nicht nur private Daten, auch wichtige Bausteine der Daseinsvorsorge wie Energie- und Wasserversorgung oder das Gesundheitswesen können gefährdet sein. Eine digitale Entwicklung ist nur nachhaltig erfolgreich, wenn die Sicherheit in einem sehr hohen Maße gewährleistet ist. Hierfür müssen ausreichend Ressourcen bereitgestellt, ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet und stetig überprüft und verbessert werden. Die Auswirkungen der digitalen Transformation betreffen uns alle. Es gilt für uns, die Chancen wahrzunehmen und sich den Risiken bewusst zu werden.

Wird Jena Wettbewerbssieger, soll die Stadt zur „Pilgerstätte der Digitalisierung in Europa“ werden, so heißt es beim Veranstalter. In allen Lebensbereichen der Menschen soll es dann digital zugehen. Doch wer sind die drei Technikbegeisterten aus der Lichtstadt? Bastian Stein ist Mitglied im Jenaer Stadtrat für Bündnis 90/Grüne, Achim Friedland spricht für die Gruppe OK Lab Jena/Freie Daten für freie Bürger und Jens Kubieziel ist für den Hackspace-Verein aktiv, der Menschen in Jena Räume anbietet, um sich mit Computern, Elektronik und allem, was sich damit anstellen lässt, zu beschäftigen.

Bis Mitte März 2017 will die Stadt Jena ihre Bewerbung beim Bundesverband Bitkom einreichen. Im Juni wird schließlich aus etwa 30 Bewerbungen die Siegerstadt gekürt und mit einem zweistelligen Millionenbetrag unterstützt. Am kommenden Freitag, dem 3. Februar 2017, findet zur Vorbereitung der Bewerbung im Historischen Rathaus, Markt 1, von 15 bis 18 Uhr die Bürgerwerkstatt „Digitale Stadt“ statt.





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