Die politische Entwicklung eines Menschen hat viele „Eltern“: Aktuelle Forschungsergebnisse belegen Beitrag von Geschwistern zur politischen Sozialisation

24.10.19 • KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKommentare deaktiviert für Die politische Entwicklung eines Menschen hat viele „Eltern“: Aktuelle Forschungsergebnisse belegen Beitrag von Geschwistern zur politischen Sozialisation

Schüler werden bei „Fridays for Future“-Demonstrationen politisch aktiv. – Foto: FSU Jan-Peter Kasper

(Axel Burchardt) – Immer wieder ist von einer politisch wenig interessierten, wenn nicht gar apathischen Jugendgeneration die Rede. Andererseits setzen die „Fridays for Future“ viele junge Menschen in Bewegung. Es gibt offenbar kein einheitliches Bild, Unterschiede sind die Regel in der politischen Entwicklung junger Menschen.

„Wir versuchen, über die Mo­mentaufnahmen, die Umfrageergebnisse bieten, hinauszugehen und zu verstehen, was hinter den verschiedenen Entwicklungspfaden auf dem Weg zum erwachsenen Bürger steckt, welche Prozesse in der politischen Sozialisation bedeutsam sind“, beschreibt der Psychologe Prof. Dr. Peter Noack von der Friedrich-Schiller-Universität das Forschungs­interesse seiner Arbeitsgruppe. Seit über einem Jahrzehnt führt er mit seinem Team um­fangreiche Untersuchungen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch. Die Ergeb­nisse sind nicht nur vor Wahlen wichtig, um die Entwicklung politischer Ideen bei jungen Menschen zu verstehen.

„Die wichtige Rolle der Eltern in der politischen Entwicklung junger Menschen haben wir in unseren Arbeiten immer wieder beobachtet“, so Noack. „Spannend war es aber, Einflüsse von Geschwistern jenseits der Sozialisation durch Väter und Mütter festzustellen“, fasst der Je­naer Professor für Pädagogische Psychologie die Ergebnisse einer aktuellen Studie zusam­men. Dabei wurden ausge­hend von einer Stichprobe von über 1.000 Thüringer Schülerinnen und Schülern 362 Ge­schwis­terpaare in die Auswertungen einbezogen. Im Ergebnis zeigte sich nicht ganz uner­wartet, dass eher das ältere Kind das jüngere Ge­schwisterkind in seinen Einstellungen beein­flusst. Vor allem jüngere Schwestern scheinen dazu zu tendieren, die Sichtweisen ihres älteren Geschwisters aufzunehmen.

Die Ergebnisse der Studie fügen dem Gesamtbild der politischen Sozialisation junger Men­schen ein weiteres Mosaiksteinchen hinzu. Vorangegangene Forschungen der Arbeitsgruppe konnten bereits zu einem differenzierten Verständnis der elterlichen und schulischen Ein­flüsse beitragen. So zeigten sie beispielsweise für die Schule, dass die Erfahrungen der Schul­­kinder – das Diskussionsklima und die Beteiligungs­möglichkeiten – systematisch demo­kratische und tolerante Sichtweisen bei den Schülern fördern – und dies unabhängig vom jeweiligen Fachunterricht.

„Wir sehen diese ersten Ergebnisse zu Geschwistereinflüssen als Anstoß dazu, die Prozesse genauer zu beleuchten“, sagt Noack. So findet er die Vermu­tung naheliegend, dass Jugendliche vor allem dann für die Sichtweisen ihrer Geschwister offen sind, wenn sie eine gute Beziehung zueinander haben. Unter welchen Bedingungen wird aber die politische Einstellung von Geschwistern ein Standpunkt, von dem sich Jugendliche ge­zielt absetzen? Diese Thesen und Fragen skizzieren die weiteren Forschungen von Noacks Arbeitsgruppe, um mehr Licht in die Prozesse der politischen Sozialisation junger Menschen zu bringen.





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