Schuld sind immer die anderen… – oder: „Mein Dezember 2014“ (von Rainer Sauer)

02.01.15 • JEZT AKTUELL, START, UNSER JENAKeine Kommentare zu Schuld sind immer die anderen… – oder: „Mein Dezember 2014“ (von Rainer Sauer)

JEZT - Schreibtisch von Rainer Sauer im September 2014 - Foto © Rainer Sauer Jena

Schreibtisch von Rainer Sauer im September 2014 – Foto © Rainer Sauer Jena

JEZT - Mein Monat LogoIm Juni 2014 ging „JEZT“ online und nun ist es schon wieder tiefster Winter – wir schreiben das Jahr 2015. So schnell vergeht die Zeit. Aber: Dies ist ja mein Monatsrückblick und deshalb zielt der Fokus auch nicht auf das ganze Jahr sondern nur auf den vergangenen Monat.

Dabei ist mir im Dezember aufgefallen, dass es Menschen gibt, die an allem und jedem etwas zu meckern haben und dabei schnell Schuldige finden. So zum Beispiel am Heiligen Abend, als ich in der Fußgängerzone vor C&A Pete Gavin lauschte, der Fleetwood Macs „Albatross“ spielte. Und Pete spielte gut, so gut, dass ich ihm zwei CDs für 25 Euro abkaufte. Daneben saß ein älterer Mann und bat die Mitmenschen um Geld.

Als er aber sah, dass die Passanten ihr Geld hauptsächlich dem Bluesmusiker gaben und nicht ihm, wurde er ausfällig und schrie: „Ihr Ar…löcher, ihr Schweine. Ist das nicht unanständig? Mir spendet ihr nichts und dem gebt ihr alles. Ihr seid Wi…, dumme Ar…löcher, dass ihr einem armen alten Mann an Heiligabend nichts gönnt. Ihr Schweine. Ihr habt’s doch im Überfluss und ich brauche es…“ und so weiter. – Es ist anzunehmen, dass er am Abend des Heiligen Abend niedrigere Einnahmen hatte als Mr. Gavin und dass ihm bewusst war, woran das lag: Schuld sind immer die anderen.

Oder da gab es den netten Herrn Rechtsanwalt, der wollte Geld dafür, dass es zwei Fotos gab von der gleichen Sache – zwei unterschiedliche – und er dachte, sein Mandant würde die Rechte an allen Fotos besitzen, die es gibt. Nachdem ich es publik gemacht hatte, gab es viel Zustimmung für meinen Standpunkt, auch viel Häme für die vermeintlichen Rechthaber und es gab einen persönlichen Brief an mich, weshalb ich immer alles in die Öffentlichkeit tragen müsse – schließlich könne man auch mal anrufen. Schuld an der eigenen Misere waren also auch hier andere. Ganz nebenbei: Eine Entschuldigung bei mir, die gab es nicht.

Dann riefen die Piraten dazu auf, gemeinsam mit ihnen gegen „dieses unheilige Bündnis aus CDU und ‘Braunem Sumpf’ ein Zeichen zu setzen.“ Gemeint war die Demonstration vor dem Thüringer Landtag gegen die Amtseinführung von Rot-Rot-Grün, an der mehrere Tausend Menschen teilnahmen, darunter Bürgerrechtler und viele ganz normale Männer und Frauen aus der Mitte der Gesellschaft. Es sei „eine unsägliche Demonstration“ gewesen, wussten die Piraten zu berichten, aber zu Dresdens PEGIDA gab es in der Presseerklärung kein Wort. (Übrigens hat „JEZT“ in der Zwischenzeit dazu aufgerufen, die Online-Petition von Karl Lempert mit zu unterzeichnen, was inzwischen nahezu alle Redaktionsmitglieder auch so getan haben. Denn es darf in Deutschland keine und keiner schuld daran sein, dass Ausländerhass wieder gesellschaftsfähig wird. Nicht einmal wir selbst.)

Was ist dem Obdachlosen aus der Fußgängerzone, dem Jenaer Rechtsanwalt und den warnenden Piraten darüber hinaus gemein? Sie sind destruktiv. Es gibt aus ihrem Mund, keine Lösungen, Vorschläge, Optionen für das, was sie anprangern. Weshalb sagte der Pöbler am Heiligen Abend nicht „Wenn ihr ihm gebt, so könnt ihr auch mir geben. Ich habe keine CDs, aber ein gutes Herz“? Weshalb gibt Herr Arne Petrich nicht seine Bildersammlung frei für alle, anstatt auf so dubiose Weise Geld damit verdienen zu wollen? Weshalb sagen die Piraten nicht, als sie an die Presse gingen, „Das was in Erfurt passiert ist, das verurteilen wir … ebenso das, was in Dresden passiert“?

Destruktivität bringt die Gesellschaft (ebenso wie den Einzelnen) nicht weiter. Denn was wir brauchen ist nicht nur eine bunte und tolerante Gesellschaft in Jena und der Region sondern auch in unserem Denken.

In diesem Sinne: Auf einen neuen Monat!

Ihr Rainer Sauer





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