Der 216. bis 220. Verhandlungstag im Münchner “NSU”-Prozess

28.07.15 • JEZT AKTUELL, STARTKeine Kommentare zu Der 216. bis 220. Verhandlungstag im Münchner “NSU”-Prozess

JEZT - Inside NSU - Symbolbild © MediaPool Jena 2015

Aus Pressemeldungen zusammengestellt von Annett Szabo-Bohr:

07.07.2015: Der 216. Verhandlungstag

An Tag 216. in „NSU“-Prozess vor dem Münchner OLG wurde die Verhandlung nur formal eröffnet, da für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe erstmals ihr neuer, vierten Pflichtverteidiger Mathias Grasel anwesend war. Dieser stellte den Antrag, den Prozess für drei Wochen auszusetzen, damit er sich einarbeiten könne um sich auf Zeugenaussagen vorzubereiten. Das Gericht unterbrach daraufhin die Verhandlung und verkündete nah einer Pause seien Entscheidung: Der vorsitzende Richter Manfred Götzl erklärte: „Dem Antrag wird nachgekommen mit der Maßgabe: Unterbrechung von 07.07. bis 14.07.2015. Dies betrifft neben dem 216. Verhandlungstag auch noch zwei weitere Verhandlungstage. Außerdem werden die für den 22.07. und 30.07.2015 vorgesehenen Verhandlungstage abgesetzt. Eine Aussetzung ist daher nicht  erforderlich.“

14.07. + 15.07.2015: Der 217. und 218. Verhandlungstag

Nach einwöchiger Einarbeitungspause für den neuen vierten Verteidiger von Beate Zschäpe ging der Prozess am 217. Verhandlungstag weiter. Von den zwei am Vormittag als Zeugen geladenen Polizeibeamten kam ein Bericht über ein Reisedokument, das mit dem „NSU“ in Verbindung gebracht wird. Am Nachmittag wurde mit Marcel Sch. eine Zeuge vernommen, der als die Anmietung der „NSU“-Wohnung in dre Zwickauer Polenzstraße aufklären konnte. Außerdem gab Autovermietungs-Mitarbeiterin Michele A. in ihrer Befragung Auskunft, wie es zur Anmietung eines Wohnmobils im Oktober 2011 durch den „NSU“ kam – es war das Wohnmobil, in welchem am 04.11.2011 in Einsenach-Stregda Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos ums Leben kamen und das anschließend in Flammen aufging. Die Zeugin sagte aus, dass bei dem Vermietungsvorgang in ihrem Büro im sächsischen Schreiersgrün eine Frau mit anwesend war, die sich später als Beate Zschäpe identifizierte. Diese hätte ein etwa vier- oder fünfjähriges Mädchen mit blonden Haaren an der Hand gehabt, das sie mit „Mama“ angesprochen hätte und  später in die Spielecke der Firma gegangen sei. Wessen Kind es gewesen sein könnte, ließ sich nicht aufklären.

An Tag 218. des „NSU“-Prozesses ging es u.a. um eine Wohnung in der Chemnitzer Wolgograder Alle 76, die dem „NSU“-Trio eine Zeit lang als Unterschlupf diente. Ein Zeuge , dessen Mutter in der Wohnung ein Stockwerk tiefer wohnte, berichtete von „teilweise sehr lauten“ Partys, die über der Wohnung seiner Mutter abspielten. Einmal, so B., habe ihn seine Mutter um Hilfe gebeten, weil „auf dem Balkon über uns Männer laut gegrölt und Bier runtergeschüttet hatten“. Er selbst wohnte damals nicht in dem Haus, schilderte aber „Zusammenstöße“ zwischen seiner Mutter und Beate Zschäpe. Als seine Mutter einmal geklingelt und sich über den Krawall beschwert hatte, sei sie von Zschäpe „abgekanzelt“ und beschimpft worden. Diese habe ihr gesagt, sie solle sich „um ihr eigenes Zeug kümmern“.

Kripo-Ermittler gaben zudem Informationen zu den zahlreichen Aliasnamen von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die diese genutzt hatten, seit dem die 1998 in die Illegalität abgetaucht und mehr als 13 Jahre im Untergrund gelebt hatten. Dann folgte der an Arroganz gegenüber dem Gericht kaum noch zu überbietende Zeugenauftritt von Mario B., der einst der „Vizechef“ des Thüringer Heimatschutzes war. Im feinen Nadelstreifenanzug trat er auf und provizierte den Vorsitzenden Richter bereits beim Aufruf der Personalien. Die stünden doch alle auf dem Papier, weshalb er nicht einsehen, diese zu wiederholen, erklärte der Zeuge. Als Manfred Götzl ihn ermahnte, kam die höhnische Antwort „beruhigen Sie sich mal“. Götzl wies den Zeugen in scharfem Ton zurecht. Dann gab B. ungeniert seine rechte Gesinnung zum Besten, wobei er vor Gericht sagte, selbst die NPD sei ihm nicht rechts genug, „zu lasch“, denn die Partei trage „das Wort ‚demokratisch‘ im Namen, das war für uns nicht zielführend für eine bessere Welt ist“. Viel Aufhellendes in der „NSU“-Angelegenhiet kam von Mario B. aber nicht zutage.

20.07.+21.07.2015: Der 219. und 220. Verhandlungstag

An Tag 219. des Prozesses beantragten die drei bisherigen Pflichterteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, Heer, Stahl und Sturm, ihre Mandate niederlegen zu dürfen. Lesen Sie hierzu den gesonderten Artikel bei „JEZT“.

Der 220. Verhandlungstag begann damit, dass der Vorsitzende Richter im Prozess vor dem Oberlandesgericht München, Manfred Götzl, verkündete, weshalb das OLG den Antrag der drei Pflichtverteidiger abgelehnt hatte, sie von ihrem Mandat zu entbinden. Danach legte die Hauptangeklagte nach: 1.) Sie will ihren Verteidiger Wolfgang Heer abberufen lassen, weil dieser vertrauliche informationen unter Verletzung der Schweigepflicht an das Gericht weitergegeben habe. 2.) Sie will ein Änderung der Sitzordnung und zwar möchte sie mit ihrem neuen vierten Pflichtverteidiger nach vorne rücken, in die Nähe des Richterpodiums. Über den Antrag bezüglich Anwalt Heer wollte das Gericht nicht sofort beraten, jedoch gab es dem Antrag auf „Stühlerücken“ nach und Zschäpe sowie Mathias Grasel sitzen nun direkt vor dem Richtertisch.

Danach wurde die Beweisaufnahme wie geplant fortgesetzt. Dabei belastete die als Zeugin geladene Kommissarin des BKA Beate Zschäpe schwer. Laut ihrer Aussage fanden sich auf mindestens einem Umschlag, mit dem die „Frühling“ titulierte Bekenner-DVD des „NSU“ verschickt worden sei, Fingerabdrücke der Hauptangeklagten. Außerdem schilderte die Zeugin, dass die Ermittler eine Internetabfrage Zschäpes bei der Deutschen Bahn rekonstruieren konnten. Aus dieser, so die Zeugin vor Gericht, „zieht das BKA den Schluss, dass Frau Zschäpe wenige Monate vor der Aufdeckung des ‚Nationalsozialistischen Untergrunds‘ zum Mitangeklagten Holger Gerlach nach Niedersachsen gefahren ist“. Dort soll sie, so die Annahme, einen Pass abgeholt haben, den Gerlach den Untergetauchten für ihr Leben im Untergrund zur Verfügung stellte.

Als weiterer Zeuge wurde am Nachmittag Henning H., der in den 1990er Jahren in Thüringens Neonazi-Szene aktiv war, gehört. Er erklärte, wie die Polizei 1997 bei ihm im Rahmen einer Hausdurchsuchung eine funktionsfähige Nagelbombe gefunden habe. Der Zeuge beteuerte jedoch vor dem OLG, dass er die Bombe nur als Silvesterkracher gebaut habe. Keineswegs stimmten die Verdächtigungen, er habe gemeinsam mit Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Jena mehrere Bombenattrappen gebaut und an verschiedenen Orten platziert. Er selbst sei nur „Mitläufer“ gewesen, sagte er aus. An Details, Orte oder Namen könne er sich heute ohnehin nicht mehr genau erinnenr, weil er damals „ständig betrunken“ gewesen sei.

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