„Erlangen zieht den Stecker!“ – Seit April geht die mp3-Ära langsam zu Ende, denn es werden keine Lizenzen mehr vergeben

16.05.17 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENAKeine Kommentare zu „Erlangen zieht den Stecker!“ – Seit April geht die mp3-Ära langsam zu Ende, denn es werden keine Lizenzen mehr vergeben

JEZT - MP3 Player - Symbolbild © MediaPool Jena
Vor etwa 25 Jahren entwickelte der Elektrotechniker Karlheinz Brandenburg mit seinen Kollegen Bernhard Grill und Harald Popp das Datei-Format mp3. Heute leitet Brandenburg in Ilmenau das Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT), damals arbeitete er im Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Jenas Partnerstadt Erlangen und revolutionierte die Musikbranche, ohne dass er oder seine Kollegen dies wussten.

JEZT - Gruendung der International AudioLabs Erlangen vlnr Harald Popp Bernhard Grill Heinz Gerhaeuser und der Rektor der Uni Erlangen-Nuernberg Karl-Dieter Grueske - Foto © Fraunhofer IIS Erlangen

Gründung der „International AudioLabs“ Erlangen (v.l.n.r.): Harald Popp, Bernhard Grill, Heinz Gerhäuser und der Rektor der Uni Erlangen-Nürnberg, Karl-Dieter Grüske – Foto © Fraunhofer IIS Erlangen

mp3 komprimiert und speichert Musik. Im Vergleich zum Original benötigt eine mp3-Datei nur rund 10 Prozent des ursprünglichen Speicherplatzes. So kann Musik schnell über das Internet übertragen und auf mp3-Playern gespeichert werden. Ein moderner mp3-Player speichert je nach Speichergröße zwischen 2.000 und 200.000 Minuten Musik, das sind über 130 Tage ununterbrochene Musikwiedergabe. Die gesamte Sammlung eines Musikliebhabers passt so in ein Gerät nicht größer als eine Streichholzschachtel.

Die Idee der Audiokompression und erste grundlegende Arbeiten in diesem Bereich entstanden an der Universität Erlangen-Nürnberg. In Zusammenarbeit mit dem IIS in Erlangen wurde ab 1987 das mp3-Verfahren dann von einem größeren Team fortentwickelt. Maßgeblich zum Erfolg beigetragen haben neben Brandenburg, Grill und Popp auch Ernst Eberlein, Heinz Gerhäuser und Jürgen Herre sowie viele weitere Personen und Forschungseinrichtungen. Vor 22 Jahren erhielt das Format für digitale Musik, welches die drei Innovatoren gemeinsam entwickelt hatten, seinen heute weltweit bekannten Namen als Dateiendung für das Audiokompressionsverfahren mit der komplizierten technischen Bezeichnung „ISO Standard IS 11172-3 / MPEG Audio Layer 3“.

Verschiedene iPods – Foto © Apple Inc.

mp3 ist inzwischen für die Menschen weltweit mehr als eine Technologie geworden, ist inzwischen ein kulturelles Phänomen. Mit dem Internet und Tauschbörsen erlebte mp3 seinen größten Boom. Statt sich teure CDs zu kaufen, besorgten sich Jugendliche die Lieder lieber kostenlos bei Napster, Emule und Co. Dann kam Apple 2001 mit dem iPod und dem zugehörigen Musikshop iTunes um die Ecke – und zeigte, dass man mit dem richtigen Gerät und dem passenden Preis-Modell mit MP3 mächtig Geld verdienen kann. Plötzlich konnte man nicht mehr wenige Tapes oder CDs dabeihaben, sondern sämtliche Musik der Welt. Auch das Musikhören hat sich so verändert: Ganze Alben hört heute kaum noch jemand an, je nach Laune kann man jederzeit den Song oder die Playlist wechseln.

Doch weitgehend unbemerkt haben die Erfinder dem Standard im April 2017 „den Stecker gezogen“. Bisher lizensierte das Institut seine Technologie für neue MP3-Player und erlaubte der Industrie so, auf neuen Geräten mp3-Musikdateien abspielen zu dürfen. Doch damit ist nun Schluss, denn mpP3 wird wegen auslaufender Patente nicht mehr lizensiert oder weiterentwickelt.

Für uns alle ändert das erst einmal wenig – einzig: es kommen keine neuen MP3-Player mehr auf den Markt, was aber kein Problem zu sein scheint, denn das Smartphone hat den mp3-Player ohnehin längst abgelöst, dank Streaming-Diensten wie AppleMusic oder Spotify, die neue, bessere Audio-Standards wie AAC oder dem verlustfreien FLAC zu bieten haben.

„Wie funktioniert mp3?“ – Lesen Sie hierzu DIESEN Artikel!





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