Nachrichten aus Qataban: Archäologe aus dem Jemen erforscht an der FSU Jena die Geschichte seines Heimatlandes

29.07.19 • INFOS FÜR STUDIERENDE, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKommentare deaktiviert für Nachrichten aus Qataban: Archäologe aus dem Jemen erforscht an der FSU Jena die Geschichte seines Heimatlandes

Der Archäologe Dr. Mohammed Ali Abdo Al-Hajj aus dem Jemen. – Foto: FSU Jan-Peter Kasper

(Sebastian Hollstein) – Dank der biblischen Königin gilt das Reich Saba als das wohl berühm­teste in der jemenitischen Geschichte. Doch ist es bei weitem nicht das einzige antike Zentrum im Süden der südarabischen Halbinsel.

Der Jemen blickt auf eine herausragende vorislamische Geschichte zurück, galt lange Zeit – vor allem dank des kostbaren Weih­rauchs – als wirtschaftliches Zentrum im Nahen Osten sowie als Drehscheibe zwischen dem Mittelmeer und Indien. Eine wissenschaftliche Erforschung dieser Vergangenheit ist für jemenitische Forscher allerdings derzeit nahezu unmöglich. Seit Jahren herrscht Bür­gerkrieg in ihrem Land – an einen normalen universitären Betrieb ist nicht zu denken. Ihre Geschichte können die Jemeniten deshalb nur im Ausland erforschen. Vor allem die Fried­rich-Schiller-Universität Jena als wichtiges Zentrum für dieses Fachgebiet empfängt des­halb immer wieder Gastwissenschaftler aus der Region. Aktuell forscht Dr. Mohammed Ali Abdo Al-Hajj drei Monate lang am Lehrstuhl für Semitische Philologie und Islamwis­sen­schaft – unterstützt von der Gerda Henkel Stiftung.

Al-Hajj ist in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa geboren und hat dort Geschichte stu­diert. Seine Promotion schloss er an der Universität der saudi-arabischen Stadt Ha’il ab, wo er auch jetzt forscht und lehrt. Derzeit konzentriert er sich während seiner Arbeit vor allem auf Inschriften aus dem antiken Königreich Qataban. „Das Reich erstreckte sich über zwei große Wadis im nördlichen Jemen und bestand aus etwa 30 Städten – darunter die Hauptstadt Timna, die direkt an der Weihrauchstraße lag“, erklärt der Gast aus dem Jemen. Lange Zeit ordnete Qataban sich dem sabäischen Reich unter, das in der Region eindeutig die Vormachtstellung innehatte. Als dieses Mitte des ersten Jahrtausends vor Christus langsam an Bedeutung verlor, traten die Qatabaner an seine Stelle – eine Domi­nanz wie Saba erreichte Qataban allerdings nie, da die Zahl seiner Konkurrenten weitaus höher war. 

Unter den schriftlichen Zeugnissen, die Al-Hajj im Jemen gesammelt hat, finden sich bei­spielsweise Votivinschriften, die Informationen darüber liefern, welche Gottheiten die Qa­tabaner verehrten. Außerdem liegen Rechtstexte und königliche Erlasse vor, deren Inhalte einen Einblick in die politische Situation der Region geben – etwa welche Stämme dort überhaupt zusammengelebt haben. Al-Hajj freut sich über die Gelegenheit, im Austausch mit den Jenaer Spezialisten diesen schriftlichen Schätzen auf den Grund gehen zu können und wertvolle Erkenntnisse über die Geschichte seines Heimatlandes daraus zu gewinnen.

Und auch für die Jenaer Wissenschaftler ist die Zusammenarbeit eine Bereicherung: „Ins­gesamt wissen wir noch sehr wenig über dieses Gebiet, weswegen die Arbeit unseres je­me­nitischen Kollegen äußerst wichtig ist“, sagt Prof. Dr. Norbert Nebes von der Universität Jena. „Dieser Raum war in der Antike sehr dicht besiedelt und ist deshalb voll von kultu­rellen Zeugnissen. Das, was wir bisher kennen, ist nur die Spitze des Eisbergs.

Aus diesem Grund sei es bedeutsam, engen Kontakt mit den jemenitischen Altertumswis­sen­schaftlern zu pflegen. „Zum einen möchten wir dabei helfen, dass der Jemen seine Kultur erhalten und weiterhin erforschen kann. Gerade jetzt ist es wichtig, den jemeniti­schen Kollegen dabei zu helfen, auf einem hohen akademischen Niveau arbeiten und wichtige internationale Verbindungen knüpfen und aufrechterhalten zu können, denn der­zeit sind sie häufig sehr isoliert“, sagt Nebes, der zu den weltweit angesehensten Experten auf dem Gebiet gilt. „Zum anderen fühlen wir uns den Menschen dort, insbesondere den Altertumswissenschaftlern, persönlich eng verbunden.“

Umso schwerer wiegt da der Verlust eines der profiliertesten jemenitischen Kollegen: Vor zwei Jahren verstarb der Altertumswissenschaftler Dr. Mohammed Ali Al-Salami nach schwerer Krankheit 45-jährig während eines Forschungsaufenthaltes in Jena. Er hatte bei Norbert Nebes promoviert und häufig in Jena geforscht. Zudem unterstützte er Nebes und sein Team bei der Arbeit am Sabäischen Wörterbuch, das an der Friedrich-Schiller-Uni­ver­sität erstellt wird.





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