„Das Leben ist ein Selfie“ – Der gnadenlose Faktencheck von Jenareporterin Jane Napoli (Teil 11)

14.02.16 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, STARTKeine Kommentare zu „Das Leben ist ein Selfie“ – Der gnadenlose Faktencheck von Jenareporterin Jane Napoli (Teil 11)

JenaPRanger Symbolbild Buckelmanns Welt JEZT online Satire

Erinnern Sie sich noch an Buckelmann, genannt „Buck“? JA, GENAU DER! Seine Geschichte setzt sich fort…

Herz-Seifen, Herz-Duftkissen, Herz-Teelichte, Herz-Kuchen, Herz-Bilderrahmen, Herz-Schlag. Für diese Invasion an Herzen konnte es für Buckelmann nur eine plausible Erklärung: Es war wieder Valentinstag! Und dieses Jahr, so fand er, hatte die Herz-IV-Truppe ganze Arbeit geleistet. Was vor einigen Jahren noch jenseits des Atlantiks ein nahezu unbeachtetes Asyl führte, überschwemmte nun alljährlich die Kaufhäuser, Geschenk- und Kartenshops. Die Massenmedien feierten das Ganze allerdings als „uralte Bräuche“, die nur wiederbelebt wurden. Was im Grunde wahrscheinlich sogar stimmte, dachte Buckelmann, denn neulich hatte er in seiner Lieblingszeitschrift „Conspire“ einen Bericht über die Mayas gelesen, Die schnitten einst ihren Opfern das Herz aus dem Leib und hielten es, immer noch zuckend, in die Höhe. So eine Frau kannte Buckelmann auch. Sie hatte ihm vor Jahren das Herz erst gebrochen, dann aus dem Leib gerissen und mitgenommen. Lange hatte es gedauert, bis er so etwas wie ein Herz in seinem Körper wieder hatte finden können, und das kam so.

Kennen gelernt hatte Buckelmann diese mysteriöse Frau am Morgen eines 14. Februar ohne damals zu wissen, was dieser Tag für ein Tag war oder dass viele Menschen glauben, dass ihnen der erste Mensch, der ihnen am Morgen des 14. Februar zuerst über den Weg läuft, das Herz stehlen wird. Buckelmann hatte gerade die Haustür hinter sich geschlossen um zur Uni-Bibliothek zu gehen, da stieß er mit ihr zusammen. „Hallo Fremder“, hatte sie ihm mit einer rauchigen Stimme gesagt. „Mein Name ist Heidi. Einfach: Heidi. Und wer bist du?“ Buckelmann schaute sich sicherheitshalber erst noch einmal um, damit sichergestellt war, dass wirklich ER gemeint ist, sagte dann artig seinen Namen auf („Bernd“), und fügte schnell auch noch Sternzeichen („Sündenbock“) und den Aszendenten („Schweinehund“) hinzu. „Das kann doch jedem einmal passieren“, entgegnete Heidi und fünf Minuten später saßen sie im Obergeschoss des Literatencafes und quatschten.

JEZT - Liebe ist Zärtlichkeit - HRK - Coverabbildung © WEA Music Group GermanyHeidi war so ziemlich das hübscheste Geschöpf, das Buckelmann in seinem Leben jemals gesehen hatte. Dieser Mund, dieser Blick, dieses Haar… Ihm war sofort klar, dass sie um mehrere Klassen zu „gut“ war, für einen wir ihn. Bucki fand, dass in Heidis Gegenwart sogar Marlene Dietrich kleinlaut geworden wäre. Ohne Zweifel: so eine Frau wie Heidi würde sich unter normalen Umständen mit einem wie Buckelmann niemals befassen. Reine Zeitverschwendung – ganz klar. Das aber warf die Frage für ihn auf, warum sie jetzt, in diesem Moment bei ihm saß und erzählte. Buckelmann merkte, dass er ihr überhaupt gar nicht zuhörte.

„Trockene Luft hier“, rief ihm ihre rauchige Stimme entgegen und Buckelmann bestellte ohne zu Zögern eine Cafe Latte – alles andere wäre aus seiner Sicht unangemessen gewesen. „Mit oder ohne Flavour“, fragte die Bedienung und Heidi sagte: „Für mich immer mit! Ich hätte gerne Vanilla-Mephisto. Und Du?“ Dabei schaute sie Bucki mit ihren leuchtend grau-grünen Augen an. „Ich mach’s auch immer mit“, antwortete Buckelmann und merkte sofort, was für eine Scheißantwort das war.  Mehrere Latte Mephisto später – ungefähr so viel, wie Buckelmann Geld in seinem Portemonnaie hatte – fuhren sie mit einem Taxi zum Maxx-Hotel, nicht ohne dass Heidi vorher mal kurz auf die Toilette musste und Buckelmann die Zeit nutzte, zur Sparkasse zu hetzen, sein Konto zu plündern und die letzten 200 Euro abzuheben, die noch bis zum Monatsende hätten reichen sollen.

Im Maxx-Hotel in Lobeda angekommen suchten beide erst gar keine Gründe für irgendetwas, checkten unverzüglich ein und schon zehn Minuten später wälzten sie ihre Leiber ineinander verschlungen auf dem Hotelbett. Nur kurz nur wanderten Buckelmanns Gedanken dabei weg von Heidis ebener Haut, ihrem Maiglöckchen-Teint, ihren Oberschenkelmuskeln. „Basic Instinct“ kam ihm in den Sinn und er versuchte unter dem Bett den Holzgriff eines Eispickers zu ertasten – vergebens. Sekunden später hatte Heidi Bucki wieder gänzlich unter Kontrolle, er ritt Rodeo auf ihr und summte dabei „Im Wald und auf der Heidi“. Keine Frage: diese Frau war eine Göttin und wenn er ums Leben kommen sollte, dann war es ihm inzwischen scheißegal, ob mit Hilfe eines Eispickers oder wie auch immer. Aber Buckelmann kam nicht ums Leben – ganz im Gegenteil. „Meine Güte“, sagte Heidi mit anerkennender Stimme zu ihm. „Damit könnte man ja ganze Volksstämme gründen.“ Dann drückte sie ihn an ihre Brust, es war die linke, und Buckelmann schlief friedlich ein.

JEZT - Im Wald und auf der Heidi - Coverabbildung © PolydorAls er wieder wach wurde, war Heidi verschwunden. Und seine Geldbörse ebenso. Buckelmann sprang aus dem Bett und suchte das ganze Zimmer ab. Kopfschüttelnd lief er herum, wie Gott ihn geschaffen hatte, und war sich nicht sicher, ob es möglich sein konnte, dass Heidi eine Betrügerin war oder ob böse Menschen sie mitsamt seinem Geld entführt hatten. In „Conspire“ hatten man vor Kurzem über einen solchen Fall berichtet. Da hatte die CIA eine Frau entführt, um sie in die Fänge ihrer aus dem Ruder geratenen Erfindung namens IS zu verschleppen, damit der Islamische Staat anschließend die USA damit erpressen konnte. Die Lösegeldzahlung floss hinterher wieder direkt an die CIA zurück. Buckelmann entschied sich dann aber für die Möglichkeit, dass Heidi das Geld wohl dringend für die anstehende Krebsoperation ihrer Mutter gebraucht hatte. „Und dass sie dafür gerade mein Geld genommen hat“, triumphierte Buckelmann, „ist ein unglaublicher Liebesbeweis an mich.“

Alles weitere ging dann wie von selbst.  Buckelmann rief seinen Freund Jörg an und bat ihn darum, mit Geld zum Maxx-Hotel zu kommen und die offene Rechnung zu zahlen, zu welcher auch noch einige leere Champagnerflaschen hinzukamen und der seit Stunden vor dem Hotel mit laufendem Taxameter auf ihn wartende Taxifahrer vertraute Buckelmann (nachdem Jörg auch dessen Rechnung bezahlt hatte) an, dass Heidi vor einigen Stunden mit einem anderen Taxi zum Paradiesbahnhof gefahren worden sei. Und – richtig – dort angekommen fand sich auch dieses Taxi mit laufendem Taxameter auf Buckelmann wartend. Jörg rastete fast aus, als er auch noch diese Rechnung bezahlen sollte und Buckelmann dem Mann auch noch ein kleines Trinkgeld dazu gab.

„Die 420 Euro will ich aber wieder zurück“, rief Jörg ihm noch zu, als er sich in Richtung Tatzendpromenade aufmachte, Buckelmann überlegte währenddessen, ob er eine Detektei damit beauftragen sollte, Heidi zu finden, sagte sich dann aber, dass es ist nicht gut war, nach dem Glück mit Messern zu werfen und dachte dann an Heinz Rudolf Kunzes Song „…was wir brauchen ist: Zeit, Zeit, Zeit. Liebe ist Zärtlichkeit.“ – Ja, ja, seufzte er.

[…und Buckelmanns Geschichte setzt sich weiter fort…]

Eure Jane





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